Gibt es etwas Gutes am Scheitern?

Sogleich gibt es viele Beispiele für Gutes am Scheitern. Da ist eine, die berichtet, dass sie nach ihrer Trennung nun in einer guten Beziehung ist. Da ist ein anderer, der erzählt, dass er nach dem Rauswurf aus dem Unternehmen nun eine viel bessere Zeit beruflich hat mit mehr Anerkennung. Da ist eine andere, die erzählt, dass nur die unzähligen gescheiterten Versuche ihrer Kinder dazu geführt haben, dass sie schließlich Laufen gelernt haben. Da ist noch einer, der erklärt, erst nachdem eine Sache gescheitert ist, kann mensch sich für neue Möglichkeiten öffnen.

Ein Scheitern beendet eine Sache endgültig und neue Perspektiven werden möglich.

Doch wer bewertet denn, dass etwas gescheitert sei? Sind wir es selbst? Sind es andere, Eltern, Chefs, eine Kultur? Wenn wir selbst etwas als gescheitert betrachten, ergeht es uns manchmal besser, manchmal auch schlechter. Hätten wir es anders oder besser machen können? Es wird von vielen als hilfreich angesehen, die Verantwortung für ein Scheitern selbst zu tragen, jedoch auch bald wieder loslassen zu können. Wir fühlen uns anscheinend meist besser, wenn wir auf etwas hin streben, eben noch nicht gescheitert sind.

Können wir unser Scheitern loslassen wird ein Neuanfang möglich.

Doch es gibt auch andere Hinweise. Mancher mag so schlimm gescheitert zu sein, dass ein Neuanfang unmöglich scheint. Hierzu meinen einige, dass es gut sein kann, sein Scheitern rechtzeitig einzugestehen und nicht zu lange an unerreichbaren Zielen festzuhalten. Vielleicht beginnt also das Gute am Scheitern bereits vor dem Ende eines erstrebten Ziels.

Wir können Ziele rechtzeitig loslassen und ein gutes Scheitern ermöglichen.

Schließlich fallen uns auch noch weitere Aspekte des Scheiterns ein. Jedes Scheitern wird immer auch von starken Gefühlen begleitet. Negativ bewertete Gefühle wie Zweifel, Versagen, Schuld, Angst oder Wertlosigkeit. Dabei fällt uns auf, dass die schlechten Gefühle oft nicht mit den Sachverhalten überein stimmen. Vielleicht habe ich nur ein „gut“ in der Prüfung und fühle mich gescheitert, weil ein „sehr gut“ mein Ziel war. Wäre bei Ziel ein Abschluss, dann hätte ich Erfolg!

Ob ich Erfolg oder Scheitern erlebe, hängt auch von meinen Zielen ab.

Ich kann meine Ziele angemessen wählen und meine Gefühle achtsam regulieren. Dann werde ich wahrscheinlich seltener Scheitern. Doch vielleicht ist es auch manchmal besser, mit ganzem Gefühl und voller Absicht „unmögliche“ Ziele anzustreben. Menschlich sind beide Haltungen allemal.

Müssen wir unsere Versprechen einhalten?

Wir finden zunächst viele Beispiele für Versprechen. Da ist natürlich das Eheversprechen, das Freundschaftsversprechen, ein Versprechen zu helfen, da zu sein, etwas bestimmtes zu tun oder zu unterlassen. Häufig sind es Sätze zu anderen in der Form: Ich verspreche dir (…). Durch ein Versprechen wollen wir Vertrauen in einer Beziehung schaffen. Mit der Einhaltung von Versprechen wächst das Vertrauen in die Beziehung.

Versprechen haben die Funktion, Vertrauen einer Beziehung zu schaffen.

Diesmal werden in den Beispielen gegensätzliche Auffassungen deutlich. Da ist auf der einen Seite das Argument, dass Versprechen etwas sehr Wertvolles sind, die darum auch unbedingt einzuhalten sind. Auf der anderen Seite wird das Argument vertreten, dass zum Zeitpunkt des Versprechens niemals alle zukünftigen Bedingungen vorher gesehen werden können. Daher sollten Versprechen auch auflösbar sein.

Ein Versprechen bezieht sich immer auf einen zukünftigen Sachverhalt, der von der Gegenwart aus nicht vorhersehbar sein kann.

Da ist zum Beispiel das Versprechen, die Eltern bis zum Tod zu Hause zu begleiten und wenn notwendig zu pflegen. Nun kann der Aufwand nicht mehr bewältigt werden und den Eltern geht es nicht gut zu Hause. Da ist das Versprechen, beim Umzug zu helfen. Jetzt ist ein Urlaub geplant oder eine Erkrankung kommt dazwischen. Da ist das Versprechen, bis zum Lebensende miteinander in der Ehe zu leben. Nun ist die Liebe erloschen und das Zusammenleben unerträglich geworden.

Treten unvorhersehbare Umstände ein, kann oder will ich mein Versprechen möglicherweise nicht einhalten.

Aber ist es gerechtfertigt, den hohen Wert eines Versprechens aus persönlichen Gründen in Frage zu stellen, indem ich mein Versprechen nicht einhalte? Was wird dann aus diesem Wert? Es werden Beispiele genannt von Lebensbereichen, in denen ein Versprechen nicht mehr viel gilt. Da sind die Versprechen der Werbung, immer wieder Versprechen von Politikern, manchmal auch Versprechen von Handwerkern und Autowerkstätten.

Werden Versprechen immer wieder nicht eingehalten, schwindet unser Vertrauen.

Wenn aber auf der einen Seite klar ist, wir können nicht alle Versprechen einhalten, auf der anderen Seite jedoch ebenso erfahrbar, dass die Einhaltung eines Versprechens erst seinen Wert begründet, wie kommen wir nur aus dieser Klemme heraus? Einerseits ist uns der Wert an sich wichtig, andererseits fordern uns in der Lebenspraxis ständig neue Bedingungen heraus.

Wir geraten in ein Dilemma zwischen dem Wert eines Versprechens und den sich wandelnden Anforderungen der Welt an uns.

Aus diesem Grund erscheint uns nun einzig eine geregelte Auflösbarkeit eines Versprechens als Lösung. Da ist der Vorschlag, wer ein Versprechen annimmt, kann dieses auch wieder zurück geben, wenn Argumente und Gründe dies rechtfertigen. Da ist der Vorschlag, ich sei bei sehr wesentlichen Veränderungen der Gründe für ein Versprechen nicht mehr an mein Versprechen gebunden.

Es scheint, dass die Ausnahme von der Regel erst ein moralisches Gebot bekräftigt.

Ein Versprechen ist immer einzuhalten, das ist die Regel. Das moralische Gebot entsteht erst durch die notwendige Ausnahme von der Regel. Wir sind moralisch herausgefordert als Menschen. Regeln befolgen können bereits Automaten.

Brauchen wir andere Menschen zum glücklich sein?

Wir finden zunächst viele Beispiele dafür, dass wir andere Menschen brauchen, um glücklich zu sein. Da ist das Glück geliebt zu sein, wert geschätzt zu werden, anerkannt. Wie sollten wir es ohne andere Menschen erfahren können? Das Glück finden wir häufig in sozialen Beziehungen. Leider sind diese auch oft der Grund dafür unglücklich zu sein.

Wir können Glück erfahren im Kontakt mit anderen Menschen.

Und dann ist da auch die biographische Tatsache, dass wir alle zunächst auf andere Menschen angewiesen sind. Als Säuglinge und Kinder brauchen wir andere Menschen nicht nur um versorgt zu sein, wir erleben auch Glück und Unglück mit ihnen. So lernen wir, dass wir andere Menschen brauchen um glücklich zu sein. Wir nehmen es sozusagen mit der Muttermilch auf.

Biographisch sind wir alle zunächst angewiesen auf andere Menschen, um glücklich zu sein.

Doch muss das so bleiben? Stellt es nicht eine wesentliche Entwicklung von uns Menschen dar, dass wir uns von anderen Menschen unabhängig machen können? Viele berichten von der Erfahrung, dass sie mit sich allein ein besonderes tiefes Glücksgefühl empfinden können. Abseits der Geschäftigkeit von Beziehungen und in Stille.

Im späteren Leben können wir auch mit uns allein und in Stille Glück empfinden.

Nun unterscheiden einige Glück von Zufriedenheit, ein tiefes, jedoch eher nur kurz anhaltendes Gefühl von einem länger anhaltenden wahr genommenen Zustand im Alltag. Dem doch meist flüchtigen Gefühl wird von einigen auch nachgesagt, dass es nur selten absichtsvoll herbei geführt werden kann. Es passiert einfach, zufällig. Dies erleben wir manchmal allein und manchmal auch mit anderen.

Verstehen wir unter glücklich sein ein eher zufälliges Gefühl, so können andere Menschen beteiligt sein oder auch stören.

Nur: warum wissen wir überhaupt vom glücklich sein? Sind wir nicht alle darauf angewiesen, dies bereits mit anderen erfahren zu haben? Einige berichten davon, dass es Menschen, die in ihrer Biographie eher glückliche Beziehungen erlebt haben, leichter fällt, auch alleine Glück zu empfinden.

Möglicherweise sind Erfahrungen von Glück in Beziehungen die Grundlage für ein empfundenes Glücksgefühl.

Zusammengefasst scheint es eher so zu sein, dass andere Menschen zum glücklich sein hilfreich sein können und zumindest in der Kindheit gebraucht werden. Im späteren Leben können wir auch Erfahrungen machen von Glück, die unabhängig von Beziehungen zu anderen Menschen bestehen.

Machen wir die Welt besser?

Zunächst befragen wir die Frage. Was ist „besser“? Wer sind „wir“? Was ist „die Welt“? Im Philosophischen Café Von wegen Sokrates philosophieren wir von der Erfahrung aus. Vom Beispiel aus suchen wir das Allgemeine zu erfassen. Davon ausgehend sprechen wir selbst von unserer Erfahrung der Welt und unserem Gefühl für „besser“.

Im Philosophischen Café Von wegen Sokrates philosophieren wir von der Erfahrung aus.

Also suchen wir Beispiele dafür, wo oder wie wir die Welt besser machen. Da erzählt eine davon, wie sie Kindern in der Grundschule vorliest. Ein anderer empfindet es als gute Entwicklung, dass viele Menschen auf ihre Sprache achten und weniger Menschen sprachlich ausgegrenzt werden. Mehrere finden es wichtig, beim Einkaufen auf die Nachhaltigkeit der Produkte zu achten oder erst gar nicht zu kaufen.

Wir finden viele Beispiele für Handlungen, welche unserer Einschätzung nach die Welt besser machen.

Und wir hören auch kritische Beiträge. Wie können wir wissen, was für andere Menschen „besser“ ist? Bezeichnet es nicht bereits ein Machtgefälle, wenn wir davon sprechen, wie „gut“ wir über andere sprechen? Inwiefern haben wir Einfluß auf die Produktion und Nachhaltigkeit, auf den Warenverkehr und den Ressourcenverbrauch? Und woher wissen wir überhaupt, dass dies die Welt besser macht?

Unser Gefühl für „besser“ scheint nicht allgemein gültig zu sein.

Unser Gespräch führt uns in ein Dilemma. Wir haben das sichere Gefühl aus der Erfahrung, dass wir die Welt mit guten Handlungen zumindest in unserer unmittelbaren Welt besser machen. Wir können jedoch das Weltganze nicht überblicken oder verstehen und kennen weder das universelle „besser“ noch die Konsequenzen unserer Handlungen bevor sich diese einstellen.

Die Konsequenzen unserer Handlungen kennen wir erst nachdem wir uns bereits entschieden haben.

Wir behelfen uns mit der Erfahrung der Konsequenzen früherer Erfahrungen. Für einen guten Umgang mit den Ressourcen in der Welt können wir die Daten der Wissenschaften nutzen. Um andere Menschen zu verstehen und zu achten können wir öfter mit ihnen sprechen, als über sie. So finden wir auch heraus, ob wir die Welt anderer Menschen besser machen, wenn wir handeln.

Gerade weil wir nicht immer wissen, sollten wir achtsam der Welt begegnen.

Vielleicht können wir nicht immer wissen, wie wir die Welt besser machen. Aber wir können versuchen, achtsam zu sein und sie zumindest nicht schlechter zu machen.

Gibt es die ewige Liebe?

Heute ist eine Antwort offensichtlich: Natürlich gibt es die ewige Liebe! Als Hoffnung, als Vorstellung, als Idee, als Wunsch. Aber finden wir auch Beispiele, in denen wir dies wirklich erfahren haben? Zumindest gibt es Hinweise. Da ist die Erfahrung einiger der elterlichen Liebe. Sie fühlen sich geliebt von den Eltern als Kinder und auch als Erwachsene. Vielleicht trägt diese Erfahrung der Liebe sogar über den Tod hinaus.

In der Liebe der Eltern finden wir ein Motiv bedingungsloser Liebe.

Da ist der Glaube an einen liebenden Gott oder eine andere spirituelle Erfahrung des geliebt Seins durch etwas Größeres als uns selbst. Der Idee nach sollte diese Liebe ewig sein. Doch es gibt auch Skepsis, ob wir davon Gewissheit haben können. Möglicherweise ist diese Vorstellung nur ein erdachter Trost. Vielleicht sogar hält uns diese Vorstellung davon ab, selbst zu lieben.

Auch im Glauben an einen liebenden Gott oder in einer spirituellen Erfahrung der Liebe finden wir Motive ewiger Liebe.

Schließlich finden wir auch in der Möglichkeit der Selbstliebe eine Möglichkeit „ewiger“ Liebe, zumindest lebenslang. Doch wir sind nicht einig, was diese Liebe zu sich selbst begründet. Ist es die elterliche Liebe? Die göttliche? Eine universelle Energie? Einige weisen darauf hin, dass wir zumeist eher geliebt sein wollen als selbst zu lieben.

Im Motiv der ewigen Liebe kann der Wunsch geliebt zu sein erkannt werden.

Nur wenn wir alle „ewig“ geliebt sein wollen, wer liebt dann? Wir kommen auf Beziehungsthemen zu sprechen. Es wird berichtet von Beziehungen, die nicht ewig dauern, sondern enden. Da ist die eine, bei der es trotz Trennung noch Gefühle von Liebe gibt. Da ist eine andere, nach der alle Hoffnung in eine andauernde tiefe Liebe verloren ist. Ist die romantische Liebe und eine darin begründete Beziehung überhaupt mit dem Ideal ewiger Liebe vereinbar?

Die romantische Liebe scheint der Vorstellung ewiger Liebe zu widersprechen.

Vielleicht sind verhandelte Beziehungen ohne romantische Gefühle eine Lösung? Oder ist es gerade anders herum, nur in der leidenschaftlichen Hingabe an einen anderen Menschen kann sich die ewige Liebe zeigen? Zumindest scheint die ewige Liebe nicht mit einer bestimmten Liebesbeziehung identisch, sondern Letztere ist vielleicht nur ein innerweltlicher Ausdruck ewiger Liebe.

Die erfahrene Liebe mag vielleicht ein Hinweis auf die Existenz der ewigen Liebe sein.

Wenn wir lieben können wir anderen diese Erfahrung ermöglichen. Vielleicht ist die ewige Liebe nichts weiter als die Gesamtheit der erfahrenen Liebe in der Welt.

Wo lassen wir dem Leben freien Lauf?

Diesmal in der Sonderausgabe! in großer Runde. Die Teilnehmenden können nicht nur im Plenum miteinander ins Gespräch kommen, sondern auch nach der Pause an den Tischen gleichzeitig parallel. Die dadurch entstehenden vielfältigen Gesprächsfäden können hier nur in Auszügen nachvollzogen werden.

Zunächst einmal stellen wir fest, dass es Zeiten gibt im Alltag, die durch vielfältige Pflichten und „müssen“ bestimmt sind. Dies wird von den Meisten als unfrei wahrgenommen. Dagegen wünschen wir uns Zeit, die wir frei gestalten können. Zum Beispiel in unserer Freizeit, wo wir einem Hobby nachgehen. Hier haben wir meist den Eindruck, dass wir dem Leben freien Lauf lassen. Aber ist dem auch so?

Mit der Fragestellung stoßen wir auf die Widersprüchlichkeit der Freiheit selbst.

Auch wenn ich meine Zeit frei gestalte ohne äußere Zwänge, so lasse ich dem Leben selbst oft doch nicht seinen freien Lauf, eben weil ich gestalte. Hingegen kann ich an meinem Arbeitsplatz sehr wohl dem Leben freien Lauf lassen, wenn ich akzeptiere, dass ich keine Kontrolle über die Gestaltung der Zeit habe. Nehme ich gelassen hin, dass in dieser Zeit mein Chef oder ein bestimmter Arbeitsablauf mein Handeln bestimmt, vollziehe ich nach, wie mein Leben in diesem Moment gerade ist.

Unser Leben scheint weit mehr zu sein, als unser Wunsch nach freier Zeitgestaltung.

Wenn ich meine freie Zeit aktiv gestalte, ist noch gar nicht entschieden, ob ich dem Leben freien Lauf lasse. Immer wenn ich mich – meinetwegen frei – für etwas entscheide, habe ich ein Stück Freiheit meines Lebens eingeschränkt, eine Richtung eingeschlagen, andere Wege zurück gelassen. Wenn ich zum Yoga gehe, kann ich zu Hause nicht mit meiner Familie sein. Freiheit habe ich vor der Entscheidung, nachdem ich ausgewählt habe, sind meine Lebensmöglichkeiten dadurch bestimmt.

Dem Leben freien Lauf zu lassen führt uns zu einem inneren Konflikt.

Wie gelange ich zu einer freien Entscheidung? Und mit welcher Haltung begegne ich den gegebenen Möglichkeiten? Und ich kann mich nicht nicht entscheiden. Vielleicht also einmal nicht lange nachdenken, sondern den „Bauch“ entscheiden lassen? Was könnte das philosophisch bedeuten? So könnte ich mich bewusst dazu entscheiden, einen noch unbekannten Weg zu gehen. Hinein in ein noch Unbekanntes.

Im noch Unbekannten kann ich dem Leben mit Neugier begegnen.

Meine Denkgewohnheiten bieten mir Sicherheit. Ich kenne mich aus in meinem Beruf. Ich kenne die Menschen in meiner Familie. Meine Freunde können von mir erwarten, dass ich sie nicht enttäusche. Doch nur wenn ich diese Gewohnheiten verlasse, öffne ich mich dem Leben gegenüber.

Sind wir alle für uns allein oder gehören wir zusammen?

Heute ist es gleich schon am Anfang so weit. Die Frage des Cafés wird befragt. Warum denn „oder“? Sind wir nicht alle in der Erfahrung zunächst alleine, auf unsere eigenen Sinne angewiesen in der Verbindung zu anderen? Und sind wir dann nicht alle zusammen verbunden in der Erfahrung, dass wir niemals ganz alleine gewesen sind, unser ganzes Leben lang?

Unser Alleinsein scheint uns zu dem Gedanken zu führen, dass wir je immer schon mit anderen verbunden sind.

Du wirst gezeugt und geboren, gepflegt und betreut, erfährst dich und entwickelst deine Fähigkeiten. Immer mit anderen zusammen. Doch „gehören“ wir auch zusammen? Ist es denn nicht das Entwicklungsziel aller Menschen, alleine zurecht zu kommen? Das Leben ganz und gar nach den eigenen Wünschen und Fähigkeiten zu gestalten? Im Gefühl des zusammen Gehörens schwingt etwas wie ein moralisches Sollen mit.

Wenn wir auch immer schon verbunden mit anderen sind, ist dies auch die moralisch gebotene Form des Menschseins?

Sollen wir uns nicht eher von den anderen emanzipieren, autonom sein und frei, für uns selbst handeln und denken? Es scheint beides zu geben. Wir sind gebunden an eine Familie, Partner*in, Kinder, Freunde, Verein, Unternehmen und fühlen hier eine Pflicht zur Loyalität. Doch nur mit uns alleine können wir uns selbst klar spüren, ob wir meditieren, laufen, den Jacobsweg gehen oder im Kloster schweigen..

Getrennt von den anderen werden wir uns unserer Bedürfnisse bewusst.

Und hier spüren wir deutlich, dass wir in Verbundenheit mit anderen sein wollen, jedoch auf unsere Weise, so dass wir uns selbst in der Gemeinschaft wohl fühlen. Es scheint also weniger ein moralisches Gebot als ein menschliches Bedürfnis zu sein, nach Zusammengehörigkeit zu streben. Und vielleicht liegt das Geheimnis in der Form des „Strebens“ danach. Wir sind noch einzeln, allein. Und wir wünschen uns verbunden zu sein, zusammengehörig.

Weil wir nach Zusammengehörigkeit streben, sind wir es nie ganz und doch auch nicht mehr allein.

Die Form des „danach Strebens“ ist die des Philosophierens, des Strebens nach, der Liebe zu Wissen oder Weisheit. Philosophische Weisheit, das könnte sein, nach Verbundenheit zu streben und nicht darüber zu klagen, niemals ganz in der Verbundenheit aufgehen zu können.

Darf ich manchmal lügen?

Heute fällt es nicht schwer, Beispiele zu finden. Lügen, also Sachverhalte oder Ansichten nicht so zu sagen, wie sie unseres Wissens wirklich sind, das machen wir schließlich alle manchmal. Oder auch häufiger. Wir reden uns heraus aus schwierigen Situationen. Stellen uns besser dar als wir sind. Schmücken uns mit „fremden Federn“. Machen der Partnerin zu schöne Komplimente. Aber: dürfen wir das?

Unsere Aussagen haben auch immer eine Bedeutung jenseits des Sachverhalts.

Um die Frage einer moralischen Rechtfertigung zu klären, suchen wir die Motive in den Beispielen. Wir wollen uns selbst schützen vor unangenehmen Folgen unserer Taten. Wir wollen unser Gegenüber überzeugen, wir nutzen Gelegenheiten, uns gegenüber anderen aufzuwerten, wir wollen nicht zuletzt Beziehungen pflegen und erhalten. Menschlich allzu menschlich. Aber auch wirklich in einem guten Sinne?

Lügen ist menschlich und hilft uns dabei, Herausforderungen des Lebens zu bewältigen.

Doch haben wir auch Zweifel. Schließlich haben unsere Lügen auch Folgen. Was ist mit der Beziehung, die an einer andauernden Sprachlosigkeit zerbricht? Was ist mit den Lügen, die immer wieder neue Lügen erfordern, um nicht aufzufallen? Was ist, wenn der „Geschützte“ dies gar nicht wollte? Oder es überhaupt nicht die erwünschten „guten“ Folgen hat? Oder nicht zuletzt mit dem zerbrechlichen Gut des „Vertrauens“ zwischen den Menschen?

Lügen kann uns auch schaden, nicht immer gelingt es, dies angemessen abzuwägen.

Da ist der kurzfristige „Gewinn“ gegen den langfristigen Schaden. Da ist die Vermeidung des Konflikts gegen eine Chance zur Entwicklung der Beziehung. Da ist unsere unmittelbare Emotion gegen eine rationale Erwägung von Argumenten. Da ist ein leichtes und schnelles „Strahlen“ der eigenen Person gegen eine authentische und aufrichtige Persönlichkeit.

Kurzfristig scheinen wir eher zur Lüge zu neigen, auf lange Sicht suchen wir eher das gut überlegte moralische Argument.

Gelingt es uns, den ersten Impuls abzuwarten, können wir uns moralisch entscheiden. Eine Lüge im oben genannten Sinne mag moralisch geboten sein. Sie scheint es jedoch weit seltener, als wir tatsächlich lügen. Philosophierend sind wir dem Streben nach der Wahrheit verbunden. Als Menschen können wir uns entscheiden und unsere Motive und mögliche Folgen vorab überprüfen.

Prüfe, welche Wirklichkeit dem Leben angemessen ist!

Vielleicht gelingt es uns dann häufiger, wahrhaftig zu bleiben. Und uns die Freiheit zu Entwicklung zu schenken.

Was können wir wirklich wissen?

Wenn wir das wüssten!? Eine alte Frage der Philosophie, vielleicht so alt wie die Philosophie selbst. Wer philosophiert, der will wirklich wissen, nicht nur an vorgeblich Gewusstes glauben. Aber was wissen wir über das Wissen?

Wenn wir wirklich wissen wollen, stellen wir die Frage danach, was wir über unser Gewusstes wissen können.

Wie immer suchen wir nach Beispielen. Da weiß eine, dass 1+1=2 ist, weil es in der Schule gelehrt wird und auch die Grundlage vieler Wissenschaften ist. Auch kann dies im Alltag überprüft werden, zum Beispiel wenn ich zähle. Ein anderer erklärt, dass er von der Erfahrung, etwas funktioniert im Alltag, auf Gewusstes schließt. Ich weiß etwas, wenn ich mein Wissen anwenden kann, weil es im Ergebnis funktioniert, zum Beispiel beim Autofahren.

Wissen wird gelehrt und geteilt und kann in der Erfahrung im Alltag nachvollzogen werden.

Aber da ist auch ein anderes Beispiel von der Erde als eine Scheibe, das einmal als Wissen galt und geteilt wurde und sogar in der Erfahrung überprüft. Dann aber passte es nicht mehr zu den neuen Erfahrungen und Beobachtungen der Menschen. Alle Argumente und vorgebliche Beweise konnten nicht verhindern, dass die Erde zu einer Kugel im endlosen Weltraum wurde.

Wissen muss sich immer neu beweisen, in der Erfahrung und Beobachtung überprüft werden dürfen.

Also können wir vorläufig so Manches wissen. Was wir uns dann aber weiter fragen ist, ob es auch Wissen darüber geben kann, was das Gewusste selbst ist? Ist es schon da, bevor wir etwas darüber wissen? Was ist die Welt ohne den Menschen, der etwas über die Welt zu wissen vorgibt? Das Wissen scheint eine Art Doppelung der Welt zu sein, im Idealfall seine identische Abbildung. Das wir eine solche Identität im Wissen nicht erreichen können erscheint uns logisch.

Unser Wissen kann niemals vollständig sein, schon weil die Welt sich ständig verändert.

Zugleich ist es nicht sinnvoll, auf den Begriff des Wissens zu verzichten. Wir wissen etwas über die Welt aus Erfahrung und Beobachtung und Vieles davon hilft uns, unseren Alltag und auch die großen Dinge im Weltgeschehen zu verstehen und sinnvoll zu handeln. Philosophieren bedeutet die Einsicht, dass unser Wissen und das Gewusste niemals übereinstimmen können und dass wir unser Wissen immer wieder neu überprüfen müssen.

Was macht die Macht mit uns?

Zunächst fallen uns viele Beispiele dafür ein, wenn die Macht mit uns Negatives macht. Da wird eine WG von der Polizei durchsucht ohne Gerichtsbeschluss auf einen vagen Verdacht hin. Da kann ein Chef aufgrund seiner Position ungerechte oder auch unsinnige Entscheidungen durchsetzen. Ein anderer fühlt sich ohnmächtig gegenüber einem Hausbesitzer, der viel Geld und Beziehungen hat.

Die Macht kann unsere Grenzen überschreiten, für uns entscheiden und macht uns manchmal ohnmächtig.

Aber was ist, wenn wir selbst Macht haben? Zunächst halten wir uns alle für überhaupt nicht mächtig. Aber da sind einige, die Eltern sind. Diese Macht bedeutet Verantwortung für andere anzunehmen. Andere sind Vorgesetzte. Neben der Verantwortung für andere bedeutet dies auch Verantwortung für ein Unternehmen, ein Produkt, für die Kunden.

Die Macht macht uns verantwortlich, sie gut und angemessen einzusetzen.

Doch scheint uns Vieles daran nur allzu menschlich. Wir stöhnen und klagen unsere Machtlosigkeit an. Die mächtigen Anderen nutzen ihre Macht nicht angemessen. Wir erkennen unsere Freunde nicht mehr, mit denen wir uns einmal gleich fühlten, die nun heute mächtig sind.

Die Macht verändert uns, wir fühlen uns mächtig gut.

Manche vermuten den Menschen als ein Wesen, dass von sich aus nach Macht strebt. Um endlich nicht mehr anderen folgen zu müssen. Um endlich ganz frei von Zwang zu sein. Aber wir sind uns nicht einig. Manche meinen auch, wir könnten die Macht, sondern wir sie besitzen, auch einfach mit allen teilen. Dann sei keiner mehr mächtig und keiner mehr unterdrückt.

Eine Welt, in der keiner mehr Macht über niemanden hat, ist vielleicht eine Utopie.

Und dann sind wir selbst die Mächtigen und haben endlich Einfluss. Könnten wir in unserem Unternehmen für gerechte Arbeitsbedingungen sorgen? Wenn wir Eltern sind, könnten wir nicht frei und gewaltlos unsere Kinder erziehen? Wenn ich ein Haus besitze, könnte ich dann andere fair dort wohnen lassen?

Wir alle sind oft mächtiger als wir meinen.

Wenn wir uns darauf besinnen, welche Macht wir haben, jeden Tag unsere Beziehungen zu anderen zu gestalten, welche Welt könnte entstehen?