Wieviel von mir sollst du sehen?

Manch eine Frage entwickelt ihr ganzes Potential erst im Gespräch. Und so sprechen wir zunächst einmal darüber, was es denn von uns zu sehen gibt. Da wird zum einen genannt unser Äußeres, unsere Kleidung, Schminke, Haare, Schmuck und nicht zuletzt unser Körper selbst. Aber dann auch im übertragenen Sinn was wir denken, fühlen, meinen, Überzeugungen, Ideale. Und nicht zuletzt auch unsere Rolle, Status, Stellung.

Von uns zu sehen kann es vieles geben: Äußeres, Inneres und in welcher Beziehung wir zu anderen stehen.

Doch dann wird es interessant: Bevor wir entscheiden, wieviel davon ein anderer Mensch sehen soll, bewerten wir zunächst, was wir sehen lassen wollen. Ist es angemessen? erwünscht? oder unmoralisch? gar verboten? Werden wir mutmasslich dafür gelobt, belohnt, positiv bewertet? Oder haben wir Sorge, wir werden abgewertet, abgelehnt, verurteilt, ausgeschlossen?

Was wir von uns sehen lassen, hängt auch davon ab, wie es von anderen Menschen bewertet wird.

So betrachtet, setzen wir unsere Selbstäußerungen zunächst in einen Werterahmen, manchmal mit Bedacht, oftmals sicher auch ganz unbewusst. Dabei scheint es ganz gleich, ob wir uns entscheiden, einem fremden Wert zu folgen und zum Beispiel etwas zu verbergen (du sollst es nicht sehen) oder ob wir bewusst eigenen Werten folgen und zum Beispiel etwas von uns zeigen (du sollst es sehen).

Was andere Menschen von uns sehen sollen, folgt unseren Wertüberzeugungen.

Da ist eine, die zeigt Privates nicht im Arbeitskontext. Denn manches kann der Karriere hinderlich sein. Da ist ein anderer, der erzählt, wie er sich besser fühlt, seitdem er auch bei der Arbeit sichtbarer sich zeigt. Und da ist eine, die genau unterscheidet, mit welchen Kolleg*innen sie Privates teilt und wo nicht. Und wieder einer erklärt, dass er zwar schauen kann, welche Infos er in soziale Netzwerke eingibt, jedoch nur zu einem gewissen Grad, wer diese sieht.

Wir gaben nur zu einem Teil Einfluss darauf, wieviel andere von uns sehen.

Wir sind eingebunden in Familien, Freundeskreise, Arbeitsstellen, Sozialräume, Mediennetze. Wir können uns dessen bewusst sein und entscheiden, wieviel wir von uns zeigen, uns damit in Beziehung setzen zu unseren Bedürfnissen und Wünschen, aber auch zu unseren jeweiligen Rollen und den Erwartungen anderer.

Was passiert in der Sonderausgabe! 2025?

Das bekannte Philosophische CaféVon wegen Sokrates im zakk wieder in einer Sonderausgabe! Wegen des großen Erfolgs nochmals größer, länger, spannender und mit mehr Raum für Gespräche der Gäste untereinander.

Do 13.11.2025 |19 Uhr Einlass 18:30 Club | VVK EUR 8,00

In der Sonderausgabe! 2025 begrüßt das Philosophische Café die Düsseldorfer Künstlerin Lara Rottinghaus. Gemeinsam werden Jost Guido Freese und Lara Rottinghaus www.lararottinghaus.de das Philosophische Café mit einem Interview eröffnen. In ihren Bildern zeigt sie alltägliche Szenen, die in ihrer künstlerischen Bearbeitung eine besondere Ästhetik erhalten. In dem von ihr geführten Gemeinschaftsatelier „kunst + tonic“ www.kunstundtonic.de in Düsseldorf Bilk veranstaltet sie regelmässig Ausstellungen und Events.

Als besonderes Event wird die Singer-Songwriterin Sarah Seppendorf den Intro-Song „Beautiful“ live performen! www.sarahlive.de

Freut euch zudem auf Extra-Features zur Sonderausgabe! Und natürlich gibt es wie immer auch die bekannten Gadgets wie die Sprechblase, das Philosophen-Quartett und den Goldenen Teller! Du bist herzlich willkommen, ob du bereits ein regelmässiger Gast des Philosophischen Cafés Von wegen Sokrates bist oder ob du erstmals neu dazu kommen willst!

Wie immer sind alle Menschen eingeladen, egal wie alt sie sich fühlen oder welche Schule sie besucht haben.

Hier im Philosophischen Café Von wegen Sokrates werden Gespräche geführt über wichtige Fragen die das Leben so stellt und Erfahrungen ausgetauscht. So persönlich und einzigartig wie wir sind, so unterschiedlich und divers wir uns fühlen. Ein geschützter Ort im öffentlichen Raum, wo wir uns unterhalten und miteinander verständigen können.

Damit wirklich alle Menschen sich am Gespräch beteiligen können, sorgt die Moderation für eine allgemeine Verständlichkeit und eine respektvolle Gesprächsatmosphäre.

Im Philosophischen Café Von wegen Sokrates geht es nicht um Bescheid wissen, Bücher und Zitate, sondern eher um Fragen, wie wir die Welt uns selbst und andere Menschen verstehen, welche Werte uns wichtig sind und wie wir leben wollen. Die Teilnehmenden können auch Vorschläge für weitere Fragen für zukünftige Gespräche einbringen.

Was willst du wirklich so ganz genau wissen?

Manche Fragen fordern uns heraus, den Fokus zu halten. So auch diesmal. Wir übergehen das „wollen“ und fragen sogleich nach dem Wissen. Was kann ich denn wissen? Und was bezeichnen wir als Wissen? Uns fallen viele Beispiele ein für etwas, dass wir wissen: unseren Namen, 1+1=2, das Datum von heute, die Erde ist eine Kugel (fast).

Es gibt offensichtlich verschiedene Arten von Wissen

Vieles, das wir wissen können, sind Informationen, bestimmte Fakten oder Ereignisse. Mein Geburtsdatum, der Weg zu meinem Urlaubsziel, wie ich Spaghetti koche. Solches Wissen kann ich heute jederzeit online abrufen. Kann ich also alles wissen und die alte philosophische Frage ist damit beantwortet?

Das Wissen der Welt ist in vielen öffentlichen Datenbanken zugänglich.

Doch ist das wirklich das, was ich genau wissen will? Wie viele Hypothesen zur Entstehung der Welt möchte ich wissen? Wieviele beste Urlaubsziele? Wieviele Testsieger in wie vielen Kategorien? Wieviele Antworten auf das wirklich gute Leben? Da will eine lieber wissen, wie sehen mich andere Menschen? Und erhält zur Antwort viel Irritation der anderen. Da will einer wissen, was erwartet mich nach dem Tod? Und niemand weiß aus eigener Erfahrung etwas darüber.

Was wir wirklich wissen wollen, das bleibt oft im Ungewissen.

und so scheint unsere Frage schließlich doch auf das wollen hinauszulaufen. Wir müssen zunächst die Frage beantworten, was wir wirklich genau wissen wollen. Ansonsten verlieren wir uns in der Fülle der zugänglichen Informationen. Oder wir verlieren den Blick auf uns selbst.

Ich kann entscheiden, was ich wissen will.

Denn da will eine nicht wissen, wie die Operation an ihrem Körper durchgeführt wird. Ein anderer nicht, wie eine KI funktioniert. Oder was alle Menschen auf der Welt zu jeder Zeit gerade denken und fühlen. Und wieder andere wollen genau das gerne ganz genau wissen. Und es ist gut zu wissen, was ich wissen will, auch wenn ich es nicht zu wissen bekommen kann.

Mein Wissen wollen macht mich zu dem Menschen, der ich bin.

Es macht mich eben aus, was ich wissen mag und was nicht. Es mag angemessen sein, uns selbst und andere darin zu akzeptieren.

Warum philosophieren gut für deine Gesundheit und dein Wohlbefinden ist

„Philosophieren hält deine Seele gesund!“ Diese oder ähnlich lautende Behauptungen sind uns überliefert von Philosoph*innen des antiken Griechenland. Im Kern meinten sie damit, sich mit sich selbst und der Welt auseinander zu setzen, seine Werte zu kennen, eine eigene Haltung zu entwickeln, seine Emotionen zu beherrschen und sich allgemein bewusst zu verhalten.

Psychologen an der Charité in Berlin haben vor einiger Zeit untersucht, ob wir auch heute noch von diesen „Weisheitskompetenzen“ profitieren können (Baumann & Linden 2008). Sie kamen zu dem Ergebnis, dass diese seit der Antike bekannten Fähigkeiten in der heutigen Zeit nicht nur gesundheitsförderlich sondern auch erlernbar sind. Philosophieren zeigt sich somit als ein möglicher Weg zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden.

Denn wer philosophiert, der trainiert ganz bestimmte Fähigkeiten und Haltungen: Sich in die Perspektive anderer hinein versetzen, mit anderen Menschen mitfühlen, eigene Gefühle wahrnehmen und zum Ausdruck bringen, die eigenen Werte begründen und zugleich die Werte anderer anerkennen, zu sich selbst in Distanz gehen und nicht zuletzt auch eine Akzeptanz von Ungewissheit in der Welt.

Diese ihrem Ursprung nach philosophischen Kompetenzen verhelfen uns dazu, dass wir uns von belastenden Ereignissen besser distanzieren können, bessere Bewältigungsformen haben, erworbene Lebenserfahrungen auf neue Situationen übertragen können, uns mehr mit dem Wohlbefinden von anderen befassen und weniger an vergangenen unangenehmen Ereignissen festhalten.

Aus Rückmeldungen zu meinen philosophischen Cafés und in meinen Coachings habe ich erfahren, dass Menschen vielfältig profitieren und sich persönlich weiter entwickeln. Philosophieren kann helfen und darin bestärken, Krisen zu überwinden und schwierige Lebensentscheidungen zu treffen, Beziehungen zu klären und Trennungen zu verarbeiten, sich selbst besser zu verstehen und mit sich und der Welt in Harmonie zu sein. Es geht in Bestem philosophischen Sinn darum den Mut zu haben, selbst zu denken.

Wenn du nun Lust hast, diesen Weg auszuprobieren, dann komme gern in mein Philosophisches Café oder frage ein Coaching an, in Düsseldorf oder auch online. Gerne informiere ich dich mehr dazu in einem persönlichen Erstkontakt oder Kennenlerngespräch.

auch veröffentlicht unter (externer Link) https://jostguidofreese.de/uncategorized/warum-philosophieren-gut-fuer-deine-gesundheit-und-dein-wohlbefinden-ist/

Sollten wir uns von Erziehung verabschieden?

Wir suchen zunächst heraus zu finden, was wir alles unter Erziehung verstehen. Es werden Beispiele genannt, die alle mit der Begleitung von Kindern bis in das Erwachsenenalter zu tun haben. Durch die Eltern, durch die Familie, durch Lehrer*innen, durch Erzieher*innen. Aber auch durch die Gruppe der Freund*innen, Nachbarn und schließlich auch durch die gesamte Gesellschaft. Aber ist denn alles, was hier geschieht „Erziehung“?

Erziehung betrifft Kinder und Jugendliche und deren erwachsene Bezugspersonen und findet in verschiedenen Zusammenhängen statt.

Einige benennen als Erziehung, wenn Eltern die Entwicklung ihrer Kinder fördern, einige, wenn Erzieher*innen Kinder in Einrichtungen betreuen, manche auch, wenn Lehrer*innen das soziale Miteinander in der Schule begleiten. Eltern wünschen, dass ihre Kinder sich in der Welt zurecht finden. Erzieher*innen wünschen, dass Kinder bestimmte Fertigkeiten und Verhaltensmöglichkeiten erlernen. Lehrer*innen wünschen, dass sich Kinder und Jugendliche angepasst sozial verhalten.

In der Erziehung geht es darum, dass bestimmte Werte vermittelt und ein bestimmtes Verhalten gefördert oder erwartet wird.

Hier werden auch kritische Stimmen laut. Da ist eine, die berichtet, wie sie ihr Kind darin begleiten möchte, mit eigener Motivation durch Erfahrungen zu lernen. Dies bedeute eine Abkehr von Er-ziehung zu einem bestimmten bereits feststehenden Entwicklungsziel. Auch ein anderer erklärt, dass es nur zu gut ist, dass heute Schüler*innen nicht mehr zu den „richtigen“ Zielen hin geprügelt werden.

Nicht Erziehung an sich, sondern bestimmte Methoden der Erziehung werden kritisiert.

Daran anschließend wird diskutiert, was gute Erziehung sein kann. Da wird betont, dass die Entwicklung der Persönlichkeit gefördert wird. Kinder und Jugendliche sollen ihren eigenen Motiven folgen, eigene Ziele anstreben. Da wird aber auch benannt, dass durch Erziehung erlernt werden soll, sich in den bestehenden Regeln der Gesellschaft zurecht zu finden, sich anzupassen.

Erziehung scheint in einen Widerspruch von Entwicklung und Anpassung zu führen.

Und vielleicht ist dies gerade die Dynamik und Energie, welche Erziehung ausmacht: Nie so ganz nur freie Entfaltung einer bereits vorhandenen Persönlichkeit zu sein. Nie so ganz in Anpassung an und Erlernen von bestehenden Regeln und Konventionen bestimmt zu sein. Sondern im Spannungsfeld dazwischen.

Wir sind alle daran beteiligt, welche Tendenz in Erziehung überwiegt.

Können wir nochmal ganz neu anfangen im Leben?

Der erste Gedanke ist schnell formuliert: „Nein!“ Denn schließlich nehmen wir uns doch immer mit, wohin wir auch gehen und welchen Namen wir uns auch geben in einer neuen Umgebung mit neuen Bezugspersonen vielleicht. Doch kennen wir auch den Wunsch danach, dass wir uns durch einen Neuanfang verändern.

Neu anfangen bedeutet häufig, dass wir uns verändern wollen.

Doch wieviel können wir uns verändern? Da ist einer, der entscheidet, in ein anderes Land zu gehen, der alle Zelte zu Hause abbricht, neue Wohnung, neue Arbeit, neue Freunde. Da ist eine andere, die mit alten Gewohnheiten bricht, Freundschaften beendet, die ihr nicht gut tun, neue Freundschaften beginnt, die ihr gut tun. So fühlt sich das Leben ganz neu an.

Sich zu ändern, braucht eine Entscheidung für etwas Neues.

Um Neues anzufangen braucht es Mut. So berichtet eine, dass sie bereits viele Jahre den Gedanken an einen Neuanfang hatte. Ihr jedoch der Mut bis vor kurzem gefehlt hat. Schließlich hat sie doch mutig ihre Idee mit einer Entscheidung umgesetzt. Auch gibt es den Hinweis, dass ich eine neue Arbeit meist erst dann finden kann, wenn ich die alte aufgebe, eine*n neue*n Partner*in am besten dann, wenn ich die alte beendet habe.

Ein Neuanfang braucht Mut und manchmal Zeit.

Neu anfangen kann ich übrigens im Außen oder auch in mir selbst. So berichtet die eine, dass sie am neuen Arbeitsplatz ganz neu sich empfunden hat. Ein anderer, dass er am selben Ort mit einer veränderten inneren Haltung ganz neue Erfahrungen machen durfte. Alles schien im Außen wie immer zu sein und doch war es ganz neu. Und dann wurde es auch außen ganz anders.

Es kann einen Neuanfang im Außen oder in mir selbst geben, oder beides zugleich.

Und schließlich kann es auch einen ganz neuen Neuanfang geben, den wir wieder rückgängig machen. Da wo einer dachte, dass er glücklich würde, war es nicht wie erwartet. Also zurück zum alten bekannten Leben. Die neue Arbeit war zwar im ersten Moment befreiend, dann kehrte sie zurück zum alten Job. Und trotzdem ist nun alles neu.

Ein äußerer Neuanfang kann einen inneren anstoßen.

Und so können wir schließlich immer und überall neu anfangen. Wir können uns entscheiden. Neues hinzu gewinnen. Fehler machen und umkehren. Wir fangen jedoch nicht neu an, um ein*e andere*r zu sein. Sondern vielleicht endlich wir selbst.

Wie lernen wir mit unseren Ängsten zu leben?

Wir suchen zunächst Beispiele, wie wir mit unseren Ängsten umgehen. Ich kann Vieles tun, um meine Angst nicht zu spüren. Alkohol trinken, Feiern, Tanzen, laut Singen, Drogen nehmen, Arbeiten, mit anderen sein, einfach mich ablenken oder meine Gefühle ganz wegschieben.

Oft versuchen wir unsere Ängste nicht zu spüren.

Nur ist das eine gute Strategie? Es gibt daran Zweifel. Vielleicht ist es so, dass weggeschobene Ängste sich in uns ansammeln? Nun, da gibt es die Erfahrung, sehr lange die Angst vor öffentlichem Reden weggeschoben zu haben, um schließlich in Panik zu geraten. Oder dass eine schlimme Erfahrung mit einem bestimmten Hund in der Kindheit zu einer allgemeinen Furcht vor Hunden geführt hat.

Möglicherweise werden unsere Ängste größer, wenn wir nicht mit ihnen umgehen lernen.

Doch welche Möglichkeiten haben wir dazu? Da erzählt eine, dass es hilfreich ist, sich den Grund für die Angst genauer anzuschauen. Oft merke ich dann, dass meine Angst nicht begründet ist. Ich kann dazu Statistiken lesen oder aus Erfahrung Wahrscheinlichkeiten erkennen. Und so manche Angst hat doch auch eine angemessene Funktion.

Grundsätzlich sind unsere Ängste Hinweise auf mögliche Gefahren.

In angemessener Form Angst vor den Gefahren im Straßenverkehr oder vor einem Sprung ins „kalte Wasser“ zu haben, kann uns schützen und sichern. Und wenn doch einmal eine „unangemessene“ Angst uns bedrängt? Dann mag es hilfreich sein, dass andere uns in unseren Gefühlen begleiten. Eine mitgeteilte und gehörte Angst scheint weniger bedrohlich.

Sind wir in Angst, suchen wir Sicherheit bei vertrauten Menschen.

Und schließlich können wir manchmal oder mit etwas Übung auch häufiger mit uns selbst vertraut sein. Und uns so selbst in unseren Ängsten begleiten und vielleicht sogar sichern. Auch in der vielleicht größten Angst, der vor dem Sterben und dem Tod. So könnte mensch zu sich sagen:

Bin ich mit mir selbst vertraut, kann ich mit meinen Ängsten vertraut sein.

Sollten wir besser den Verstand verlieren für das gute Leben?

Zugegeben: Ein wenig provokant soll diese Frage schon sein. Doch wir finden sogleich Anknüpfungspunkte und Beispiele. Was heißt hier „verlieren“? Geht es nur darum, dass wir durch eine Krankheit oder ein kritisches Lebensereignis nicht mehr unseren Verstand wie sonst nutzen können? In diesem Fall macht das „Sollten“ jedoch keine Sinn.

Eine Frage nach dem Sollen macht nur Sinn, wenn wir unseren Verstand uneingeschränkt nutzen können.

Möglicherweise ist dann „verlieren“ nicht das geeignete Wort. Eher: „abschalten“, wenn wir zum Beispiel Alkohol trinken oder Schokolade essen oder Drogen konsumieren. Oder auch „loslassen“, wie in der Meditation oder im Flow-Erleben beim Sport oder in der Kreativität. Hier kann mensch ohne Verstand – oder zumindest mit nur einem bestimmten Teil des Verstandes – besondere Erfahrungen machen.

Der Verstand kann für bestimmte Formen des Erlebens hinderlich sein.

So ist denn auch die Aufzählung von Beispielen, was wir denn ohne den Verstand – oder mit ausgeschaltetem Verstand – erst so richtig vermögen, recht lang: Lieben zum Beispiel in jeglicher Form, glücklich sein sicher auch in einem tieferen emotionalen Sinn, ein Bild malen, Freundschaften schließen und verlieren, Sexualität mit Sicherheit geht am Besten ohne Verstand.

Vieles im Leben gelingt uns erst so richtig gut, wenn wir den Verstand zumindest begrenzen.

Sollten wir also den Verstand gleich ganz verlieren? Nein ist die häufigste Antwort, denn den Verstand auf eine gute Art zu gebrauchen, ist hilfreich auch dabei, ihn zeitweise zu verlieren. Gut vorbereitet gelingt die romantische Verabredung. Farben und Leinwand braucht es für ein Bild. Meditation kann gelehrt werden. Auch Geld ist hilfreich für einen Ausflug ins Ungewisse.

Und mit Verstand können wir gut vorbereitet den Verstand loslassen.

Wir wissen um die Rückwege. Wir können zurück kehren zum Alltäglichen. Funktionieren ist kein Makel. Dafür haben wir unseren Verstand.

Nur der Buddha bleibt schließlich im vollendeten Loslassen.

Wie frei können wir sein in unseren Beziehungen?

Sonderausgabe! Gänsehaut beim Live-Intro von Sarah Seppendorf. Mit Gastmoderatorin Sophie Neugebauer starten wir in die Frage. Und verzetteln uns gleich einmal: wie frei können wir sein in unserer Co-Moderation. Dazwischen reden ist natürlich vorgesehen. Welche Richtung geben wir vor? Können wir uns verständigen? Wer hat das Mikro?

Jede Beziehung erzeugt Freiheitsmomente und Verbindlichkeitsmomente zugleich.

Um welche Beziehungen soll es gehen? Da sind vor allem erst einmal die Liebesbeziehungen. Manche werden zu Paarbeziehungen, mache werden Eltern, manche Ex-Beziehungen. Und da sind auch Freundschaften. Beziehungen zu den eigenen Kindern. Natürlich die beruflichen Beziehungen. Die einen Beziehungen gehen wir freiwillig ein, andere nicht.

Auch wenn wir Beziehungen freiwillig eingehen entstehen bindende Verantwortlichkeiten.

Da ist ein Freund, den wir in einer Notsituation begleiten. Wir haben sicher die Freiheit zu gehen, doch wir fühlen uns gebunden durch die Freundschaft. Unser moralisches Gewissen hält uns zurück. Da ist die Partnerin, die schwer erkrankt und sich vielleicht auch in ihrer Persönlichkeit verändern wird. Auch hier verzichten wir möglicherweise aus moralischen Überlegungen auf unsere Freiheit.

Wie frei wir in Beziehungen sind, hängt auch von unserem moralischen Urteil ab.

Und überhaupt scheint uns der Freiheitsbegriff ganz schön an der Nase herum zu führen. Sicher können wir in unseren Beziehungen größtenteils frei sein, doch wollen wir es oft nicht. Gerade eben weil uns eine Verbindlichkeit in Beziehungen wichtig ist. Unsere Freiheit scheint oft nur in einem verbindlichen festen Rahmen sinnvoll.

Wir können möglicherweise gerade so frei sein, wie wir es wollen.

Warum nur klagen wir so oft über Unfreiheiten und Abhängigkeiten in Beziehungen? Da ist die Weltreisende, die alle Beziehungen in ihrer Heimat aufgegeben hat. Da ist der allein erziehende Vater mit zwei Kindern. Wer ist freier in seinen Beziehungen? Auf den ersten Blick klar, erscheint es jedoch auf den zweiten unentscheidbar. Vielleicht flieht die Weltreisende von einer abhängigen Beziehung in die nächste. Vielleicht erfährt der Vater die notwendig hohe Verbindlichkeit zu seinen Kindern als Befreiung von einer wie auch immer verstandenen „Selbstfindung“.

Beziehungen können uns abhängig oder frei machen, es hängt von uns selbst ab.

Und so richten wir zuletzt den Blick auf die Möglichkeiten, in Beziehungen Freiheit zu gewinnen. Wer kann sich zum Beispiel selbst romantisch küssen? Und auch wenn wir uns selbst lieben können, so ist es doch wundervoll geliebt zu werden.

Wie werde ich Autor meines eigenen Lebens?

Die Titelfrage löst zunächst Verwunderung aus. Wer wenn nicht ich sollte denn Autor meines Lebens sein? Schließlich lebe ich mein Leben doch immer selbst, niemand anders bewegt meine Füße, erzeugt in mir Gedanken, macht meine Gefühle und motiviert mich zu Zielen. Doch schnell kommen auch Zweifel daran. Wie ist es mit dem zeitweisen Gefühl, so gar nicht das eigene Leben zu Leben, sondern nur die Erwartungen anderer?

Vieles scheint mich davon abzuhalten, wirklich mein eigenes Leben zu leben

Da ist zum Beispiel der Arztsohn, der auch Medizin studiert und Arzt wird, um später die Praxis zu übernehmen. Der jedoch leider sehr unglücklich ist damit. Da ist die junge Mutter geliebter Kinder, die nun viele eigene Wünsche zurück stellen oder gar verabschieden muss. Da sind zwei Menschen in Partnerschaft, die sich jeweils für sich fragen, ob ihre Bedürfnisse und Wünsche angemessen Berücksichtigung in der Beziehung finden.

Manchmal konkurrieren unsere Bedürfnisse auch miteinander und wir können nicht gleichzeitig alles realisieren

Hier gibt es die Meinung, dass wir dennoch Autoren unseres Lebens bleiben, weil wir uns schließlich entscheiden oder durch Nicht-Entscheiden entscheiden. Unser eigenes Leben zu leben enthebt uns nicht von den Bedingungen des Lebens und der Welt. Manches bleibt unerfüllbar. Vielleicht liegt die Kunst, sein eigenes Leben zu führen, gerade darin, Unveränderteres und Unkontrollierbares zu akzeptieren und für sich den besten Lebensweg daraus zu wählen.

Autorenschaft enthebt uns nicht von den Bedingungen des Lebens und der Welt

Wir können dies oder das Bestehende in der Welt als einen Rahmen und als Orientierung in der Welt sogar gut gebrauchen. Wie „Buchdeckel“, die unsere Geschichte enthalten. Es scheint ohnehin eher auf eine Angemessenheit der eigenen Autorenschaft anzukommen. Hier mag sich Mensch selbst wählen, ob das eigene Leben auf dem Ozean frei im eigenen Boot Wirklichkeit wird oder gut gerahmt in gesellschaftlichen Konventionen.

Autorenschaft scheint in einem gewissen selbst gewählten und angemessenen Freiheitsgrad zu bestehen

Wie werde ich also Autor meines eigenen Lebens? Vielleicht indem ich mir meiner Freiheit ebenso wie meiner Begrenztheit bewusst werde und angemessen selbst wähle. Der Text meines Lebens bestünde dann in dieser Wahl, die möglicherweise lebenslang immer wieder getroffen werden kann.