Warum nur bist du so verführerisch für mich?

Zunächst fallen uns einige Beispiele ein. Da ist die italienische Handtasche, die uns zum Kauf verführt. Da ist die Idee eines Freundes, die mich verführt, mein bisheriges Vorhaben aufzugeben. Da ist ein wundervoller Mann oder eine wundervolle Frau, die mich verführt, an diesem Abend meine moralischen Vorbehalte auszusetzen.

Eine Verführung bringt mich dazu, etwas zu tun, dass ich sonst nicht getan hätte.

Und ist dies verwerflich? Wir sind unentschieden. Manchmal werfen wir wichtige Werte über Bord und bereuen es danach. Wir betrügen unsere Partner, essen das Falsche, kaufen zu viel und Unnötiges. Und manchmal erleben wir als Verführte Aufregendes und Neues, das uns nachhaltig positiv verändert. Wir entdecken neue Landschaften, lernen fremde Menschen kennen, ändern unseren Blick auf die Welt.

Sich verführen zu lassen kann mir Gutes einbringen oder auch nicht.

Es scheint nicht nur das Verführende oder der oder die Verführer*in aktiv beteiligt. Auch der oder die Verführte ist mit seiner Entscheidung beteiligt. Lasse ich mich verführen? Vielleicht sogar gerne? Manchmal tut es gut, die Kontrolle aufzugeben, die Verantwortung abzugeben. „Ich bin es nicht gewesen!“ – „Die Verführung war zu stark!“

Lasse ich mich verführen, so gebe ich zumindest scheinbar meine Verantwortung ab.

Vielleicht bist du so verführerisch für mich, weil du mir die Last der Verantwortung für das, was geschieht nimmst. Und auch wenn ich das nicht glaube, so ist es doch ein wunderbares Spiel. Als Verführte*r bin ich schuldlos von meinem Weg abgekommen. Als Verführende*r kann ich ohne Zwang mein Eigenes realisieren. Und auf der anderen Seite behalte ich mir als Verführte*r die Kontrolle meines Einverständnisses vor. Und als Verführende*r dieses Einvernehmen.

Die Verführung zeigt sich als ein Spiel mit unseren Verantwortlichkeiten.

Am Ende werden wir dann meist doch auf unsere Verantwortung zurück geworfen und zahlen den Preis. Doch nicht sofort. Wie gelingt dies? Eben weil Verführung ein Spiel ist. In den Andeutungen, im Halbdunkel, im Spiel mit meiner Lust, mit meinen Begehrlichkeiten. „Du kann alles haben!“ haucht die Verführung in mein Ohr. Und wenn ich auch weiß, dass es nicht stimmen kann, so wäre es doch wunderschön.

Die Verführung lebt im noch nicht Vollendeten. In der Vollendung ist sie tot.

Und genau das lieben wir. Davon leben wir. In der Möglichkeit ist alles möglich. Wer möchte schon wirklich alles Mögliche haben?

Brauchen wir andere Menschen zum glücklich sein?

Wir finden zunächst viele Beispiele dafür, dass wir andere Menschen brauchen, um glücklich zu sein. Da ist das Glück geliebt zu sein, wert geschätzt zu werden, anerkannt. Wie sollten wir es ohne andere Menschen erfahren können? Das Glück finden wir häufig in sozialen Beziehungen. Leider sind diese auch oft der Grund dafür unglücklich zu sein.

Wir können Glück erfahren im Kontakt mit anderen Menschen.

Und dann ist da auch die biographische Tatsache, dass wir alle zunächst auf andere Menschen angewiesen sind. Als Säuglinge und Kinder brauchen wir andere Menschen nicht nur um versorgt zu sein, wir erleben auch Glück und Unglück mit ihnen. So lernen wir, dass wir andere Menschen brauchen um glücklich zu sein. Wir nehmen es sozusagen mit der Muttermilch auf.

Biographisch sind wir alle zunächst angewiesen auf andere Menschen, um glücklich zu sein.

Doch muss das so bleiben? Stellt es nicht eine wesentliche Entwicklung von uns Menschen dar, dass wir uns von anderen Menschen unabhängig machen können? Viele berichten von der Erfahrung, dass sie mit sich allein ein besonderes tiefes Glücksgefühl empfinden können. Abseits der Geschäftigkeit von Beziehungen und in Stille.

Im späteren Leben können wir auch mit uns allein und in Stille Glück empfinden.

Nun unterscheiden einige Glück von Zufriedenheit, ein tiefes, jedoch eher nur kurz anhaltendes Gefühl von einem länger anhaltenden wahr genommenen Zustand im Alltag. Dem doch meist flüchtigen Gefühl wird von einigen auch nachgesagt, dass es nur selten absichtsvoll herbei geführt werden kann. Es passiert einfach, zufällig. Dies erleben wir manchmal allein und manchmal auch mit anderen.

Verstehen wir unter glücklich sein ein eher zufälliges Gefühl, so können andere Menschen beteiligt sein oder auch stören.

Nur: warum wissen wir überhaupt vom glücklich sein? Sind wir nicht alle darauf angewiesen, dies bereits mit anderen erfahren zu haben? Einige berichten davon, dass es Menschen, die in ihrer Biographie eher glückliche Beziehungen erlebt haben, leichter fällt, auch alleine Glück zu empfinden.

Möglicherweise sind Erfahrungen von Glück in Beziehungen die Grundlage für ein empfundenes Glücksgefühl.

Zusammengefasst scheint es eher so zu sein, dass andere Menschen zum glücklich sein hilfreich sein können und zumindest in der Kindheit gebraucht werden. Im späteren Leben können wir auch Erfahrungen machen von Glück, die unabhängig von Beziehungen zu anderen Menschen bestehen.

Wo lassen wir dem Leben freien Lauf?

Diesmal in der Sonderausgabe! in großer Runde. Die Teilnehmenden können nicht nur im Plenum miteinander ins Gespräch kommen, sondern auch nach der Pause an den Tischen gleichzeitig parallel. Die dadurch entstehenden vielfältigen Gesprächsfäden können hier nur in Auszügen nachvollzogen werden.

Zunächst einmal stellen wir fest, dass es Zeiten gibt im Alltag, die durch vielfältige Pflichten und „müssen“ bestimmt sind. Dies wird von den Meisten als unfrei wahrgenommen. Dagegen wünschen wir uns Zeit, die wir frei gestalten können. Zum Beispiel in unserer Freizeit, wo wir einem Hobby nachgehen. Hier haben wir meist den Eindruck, dass wir dem Leben freien Lauf lassen. Aber ist dem auch so?

Mit der Fragestellung stoßen wir auf die Widersprüchlichkeit der Freiheit selbst.

Auch wenn ich meine Zeit frei gestalte ohne äußere Zwänge, so lasse ich dem Leben selbst oft doch nicht seinen freien Lauf, eben weil ich gestalte. Hingegen kann ich an meinem Arbeitsplatz sehr wohl dem Leben freien Lauf lassen, wenn ich akzeptiere, dass ich keine Kontrolle über die Gestaltung der Zeit habe. Nehme ich gelassen hin, dass in dieser Zeit mein Chef oder ein bestimmter Arbeitsablauf mein Handeln bestimmt, vollziehe ich nach, wie mein Leben in diesem Moment gerade ist.

Unser Leben scheint weit mehr zu sein, als unser Wunsch nach freier Zeitgestaltung.

Wenn ich meine freie Zeit aktiv gestalte, ist noch gar nicht entschieden, ob ich dem Leben freien Lauf lasse. Immer wenn ich mich – meinetwegen frei – für etwas entscheide, habe ich ein Stück Freiheit meines Lebens eingeschränkt, eine Richtung eingeschlagen, andere Wege zurück gelassen. Wenn ich zum Yoga gehe, kann ich zu Hause nicht mit meiner Familie sein. Freiheit habe ich vor der Entscheidung, nachdem ich ausgewählt habe, sind meine Lebensmöglichkeiten dadurch bestimmt.

Dem Leben freien Lauf zu lassen führt uns zu einem inneren Konflikt.

Wie gelange ich zu einer freien Entscheidung? Und mit welcher Haltung begegne ich den gegebenen Möglichkeiten? Und ich kann mich nicht nicht entscheiden. Vielleicht also einmal nicht lange nachdenken, sondern den „Bauch“ entscheiden lassen? Was könnte das philosophisch bedeuten? So könnte ich mich bewusst dazu entscheiden, einen noch unbekannten Weg zu gehen. Hinein in ein noch Unbekanntes.

Im noch Unbekannten kann ich dem Leben mit Neugier begegnen.

Meine Denkgewohnheiten bieten mir Sicherheit. Ich kenne mich aus in meinem Beruf. Ich kenne die Menschen in meiner Familie. Meine Freunde können von mir erwarten, dass ich sie nicht enttäusche. Doch nur wenn ich diese Gewohnheiten verlasse, öffne ich mich dem Leben gegenüber.

Darf ich manchmal lügen?

Heute fällt es nicht schwer, Beispiele zu finden. Lügen, also Sachverhalte oder Ansichten nicht so zu sagen, wie sie unseres Wissens wirklich sind, das machen wir schließlich alle manchmal. Oder auch häufiger. Wir reden uns heraus aus schwierigen Situationen. Stellen uns besser dar als wir sind. Schmücken uns mit „fremden Federn“. Machen der Partnerin zu schöne Komplimente. Aber: dürfen wir das?

Unsere Aussagen haben auch immer eine Bedeutung jenseits des Sachverhalts.

Um die Frage einer moralischen Rechtfertigung zu klären, suchen wir die Motive in den Beispielen. Wir wollen uns selbst schützen vor unangenehmen Folgen unserer Taten. Wir wollen unser Gegenüber überzeugen, wir nutzen Gelegenheiten, uns gegenüber anderen aufzuwerten, wir wollen nicht zuletzt Beziehungen pflegen und erhalten. Menschlich allzu menschlich. Aber auch wirklich in einem guten Sinne?

Lügen ist menschlich und hilft uns dabei, Herausforderungen des Lebens zu bewältigen.

Doch haben wir auch Zweifel. Schließlich haben unsere Lügen auch Folgen. Was ist mit der Beziehung, die an einer andauernden Sprachlosigkeit zerbricht? Was ist mit den Lügen, die immer wieder neue Lügen erfordern, um nicht aufzufallen? Was ist, wenn der „Geschützte“ dies gar nicht wollte? Oder es überhaupt nicht die erwünschten „guten“ Folgen hat? Oder nicht zuletzt mit dem zerbrechlichen Gut des „Vertrauens“ zwischen den Menschen?

Lügen kann uns auch schaden, nicht immer gelingt es, dies angemessen abzuwägen.

Da ist der kurzfristige „Gewinn“ gegen den langfristigen Schaden. Da ist die Vermeidung des Konflikts gegen eine Chance zur Entwicklung der Beziehung. Da ist unsere unmittelbare Emotion gegen eine rationale Erwägung von Argumenten. Da ist ein leichtes und schnelles „Strahlen“ der eigenen Person gegen eine authentische und aufrichtige Persönlichkeit.

Kurzfristig scheinen wir eher zur Lüge zu neigen, auf lange Sicht suchen wir eher das gut überlegte moralische Argument.

Gelingt es uns, den ersten Impuls abzuwarten, können wir uns moralisch entscheiden. Eine Lüge im oben genannten Sinne mag moralisch geboten sein. Sie scheint es jedoch weit seltener, als wir tatsächlich lügen. Philosophierend sind wir dem Streben nach der Wahrheit verbunden. Als Menschen können wir uns entscheiden und unsere Motive und mögliche Folgen vorab überprüfen.

Prüfe, welche Wirklichkeit dem Leben angemessen ist!

Vielleicht gelingt es uns dann häufiger, wahrhaftig zu bleiben. Und uns die Freiheit zu Entwicklung zu schenken.

Was macht die Macht mit uns?

Zunächst fallen uns viele Beispiele dafür ein, wenn die Macht mit uns Negatives macht. Da wird eine WG von der Polizei durchsucht ohne Gerichtsbeschluss auf einen vagen Verdacht hin. Da kann ein Chef aufgrund seiner Position ungerechte oder auch unsinnige Entscheidungen durchsetzen. Ein anderer fühlt sich ohnmächtig gegenüber einem Hausbesitzer, der viel Geld und Beziehungen hat.

Die Macht kann unsere Grenzen überschreiten, für uns entscheiden und macht uns manchmal ohnmächtig.

Aber was ist, wenn wir selbst Macht haben? Zunächst halten wir uns alle für überhaupt nicht mächtig. Aber da sind einige, die Eltern sind. Diese Macht bedeutet Verantwortung für andere anzunehmen. Andere sind Vorgesetzte. Neben der Verantwortung für andere bedeutet dies auch Verantwortung für ein Unternehmen, ein Produkt, für die Kunden.

Die Macht macht uns verantwortlich, sie gut und angemessen einzusetzen.

Doch scheint uns Vieles daran nur allzu menschlich. Wir stöhnen und klagen unsere Machtlosigkeit an. Die mächtigen Anderen nutzen ihre Macht nicht angemessen. Wir erkennen unsere Freunde nicht mehr, mit denen wir uns einmal gleich fühlten, die nun heute mächtig sind.

Die Macht verändert uns, wir fühlen uns mächtig gut.

Manche vermuten den Menschen als ein Wesen, dass von sich aus nach Macht strebt. Um endlich nicht mehr anderen folgen zu müssen. Um endlich ganz frei von Zwang zu sein. Aber wir sind uns nicht einig. Manche meinen auch, wir könnten die Macht, sondern wir sie besitzen, auch einfach mit allen teilen. Dann sei keiner mehr mächtig und keiner mehr unterdrückt.

Eine Welt, in der keiner mehr Macht über niemanden hat, ist vielleicht eine Utopie.

Und dann sind wir selbst die Mächtigen und haben endlich Einfluss. Könnten wir in unserem Unternehmen für gerechte Arbeitsbedingungen sorgen? Wenn wir Eltern sind, könnten wir nicht frei und gewaltlos unsere Kinder erziehen? Wenn ich ein Haus besitze, könnte ich dann andere fair dort wohnen lassen?

Wir alle sind oft mächtiger als wir meinen.

Wenn wir uns darauf besinnen, welche Macht wir haben, jeden Tag unsere Beziehungen zu anderen zu gestalten, welche Welt könnte entstehen?

Kann glücklich sein erlernt werden?

Wir suchen zunächst Beispiele für Erfahrungen von glücklich sein. Da bekommt einer die Kündigung und sitzt befreit vom Zwang der Arbeit am Rhein und fühlt sich glücklich. Da berichtet eine von ihrem Vater, der als „boat people“ das Glück hatte, dass es regnete und er nicht verdurstet ist. Da erzählt einer vom Kürbisrisotto, dass er gestern Abend nicht nur gekocht hat, sondern auch genießen konnte, welch ein Glück!

Wir erleben alle unterschiedliche Erfahrungen als Glück und wissen meist unmittelbar dass es so ist.

Manchmal fühlen wir uns unglücklich und wünschen Glück für die Zukunft. Manchmal merken wir erst später, wenn wir unglücklich sind, dass wir zuvor glücklich waren. Manchmal haben wir das Glück, dass uns das Glück sprichwörtlich „in die Wiege gelegt“ wird. Manchmal reicht es aus, dass wir „die Schale hinhalten“ und das Glück annehmen. Aber können wir auch etwas dazu tun, dass wir Glück erfahren?

Gerne möchten wir möglichst viele dieser glücklichen Momente erleben.

Wir diskutieren Beispiele für Glück, dass scheinbar vor jeder Erfahrung liegt. Woher wissen wir denn überhaupt, wenn wir glücklich sind, dass wir glücklich sind? Weil wir uns auf etwas beziehen können, dass wir als Menschen gar nicht lernen müssen? Dann aber wären wir verurteilt, dass wir entweder zu den Glücklichen oder zu den Unglücklichen gehören. Ein Hinweis geht darauf, dass wir möglicherweise glücklich sein in der sehr frühen Kindheit lernen, wenn wir keinen Einfluss darauf haben, wie gut wir uns fühlen.

Möglicherweise haben wir bereits glücklich sein gelernt, bevor wir darüber nachdenken können, was das Glück ist.

Das würde erklären, warum wir an unterschiedlichen Punkten über das Glück nachdenken. Manche von uns erleben das Glück als etwas Fernes und fast Unerreichbares. Manche von uns haben die Einschätzung, dass es lediglich der Achtsamkeit bedarf, das Glück wahrzunehmen, das bereits da ist. Und wir können uns nicht vorstellen, wie es Menschen geht, die jeden Tag um ihre Existenz fürchten.

Das Glück ist stets die Ausnahme, wir können lernen, dies zu akzeptieren.

Ist das Glück etwas Unerreichbares für uns, können wir zudem unsere Erwartungen an das Glück an unsere Erfahrungswirklichkeit anpassen. Und vielleicht entdecken wir dann den ein oder anderen glücklichen Moment.

Haben Tiere ein Recht auf Leben und Unversehrtheit?

Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine vegane Ernährung. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, manche persönlich, manche beanspruchen allgemein verbindlich zu sein.

Gelten die humanistischen Ideale, dass alle Wesen gleich viel wert sind und daher Anspruch darauf haben, nur um ihrer selbst willen zu sein, für alle Lebewesen gleichermaßen?

Wir sammeln Beispiele. Jemand erinnert sich daran, dass es in seiner Kindheit auf dem Land üblich war, mit den Tieren zu leben und auch manchmal eines davon zu schlachten und zu essen. Ein anderer erzählt die Geschichte, dass ein ganzes Dorf auf die Jagd ging und anschließend die Wildtiere in den Höfen und an den Straßen aufgehängt waren. Neugierig erkundeten die Kinder die toten Tierkörper.

Menschen und Tiere leben miteinander und manchmal voneinander.

Es gibt auch Widerspruch zu dieser Perspektive. Menschen in jochindustrialisierten Kulturen können sich entscheiden, auf Tiere als Nahrung zu verzichten. Oder zumindest Maß zu halten. Als Gründe hierfür werden das ökologische Argument und das Entsetzen über die industrielle Massentierhaltung genannt. Tiere sind hier ökonomisch verwertete Produkte, ihr Leben hat nur den Wert der Verwertbarkeit als Nahrungsmittel.

Es gibt ein ethisches Moment in der Ernährung. Wir sollten uns fragen, was wir essen wollen.

Wenn wir Tieren ein Recht zusprechen, müssen wir uns jedoch auch fragen, wie wir es mit der Zucht von Haustieren allgemein halten. Es ist schwierig zu bestimmen, was ein dem Tier gerechtes Leben eines Zuchtwelpen sein kann.

Es ist vielleicht weniger die Frage nach unveräußerliche Rechten der Tiere. Es scheint vielmehr die Frage notwendig zu stellen, in welcher ethischen Haltung wir Menschen in der Welt sein wollen.

Hier können wir fernab von ideologischen Diskussionen uns aufklären.

Warum bin ich neidisch auf andere?

Niemand gibt es gerne zu, wir alle sind es manchmal: neidisch. Und so beginnen wir das Gespräch mit Vorschlägen und Strategien, wie es gelingen kann nicht neidisch zu sein. Wir könnten dankbar sein für das, was wir erfahren dürfen. Wir könnten den anderen Menschen vielleicht erst einmal in seiner Gesamtheit sehen und nicht nur in dem einen Aspekt, um den wir ihn beneiden. Wir könnten uns mit dem anderen freuen.

Wir bewerten das Neid Gefühl negativ und sind bemüht es los zu werden (oder zumindest soll es niemand bemerken).

Aber ist das so? Finden wir auch Beispiele für „guten“ Neid? Ich vergleiche mich mit anderen, die mir ähnlich sind. Vielleicht verdiene ich weniger Geld als der andere. Möglicherweise strenge ich mich an, es ihm gleich zu tun. Oder ich merke bei Dritten an, dass es eine Ungerechtigkeit darstellt, möglicherweise fühle ich mich aufgrund einer persönlichen Eigenschaft diskriminiert.

Neid kann auch Motiv und Triebfeder sein für Entwicklung und Aktivierung meiner Fähigkeiten.

Im Grunde basieren viele Teilbereiche unserer Gesellschaft auf Neid. Das nächst größere Auto, der entferntere Urlaub mit dem schöneren Foto, das größere Haus, die bessere Unternehmens-Performance. Und Vielen mangelt es auch an lebensnotwendigen Dingen. Der Neid sagt: Du kannst auch alles haben, wenn du nur gut mitspielst.

Ist Neid einfach ein gut eingeübtes und damit erlerntes Gefühl?

Dennoch fallen uns Beispiele ein von sehr negativen Auswirkungen von Neid. Da sind Verbrechen aus Eifersucht und Missgunst, da ist aber auch die ungewollte und als Übergriff erfahrene „Bewunderung“ durch andere, wie zum Beispiel im Phänomen des „Stalking“. Hier scheint der Neid in ein Gefühl von unüberwindlicher Unterlegenheit und Schwäche zu führen.

Möglicherweise sind wir häufiger neidisch, wenn wir unsere eigenen Stärken vergessen.

Dann ist es unsere Entscheidung, entweder im Neid-Gefühl zu verbleiben oder etwas Anderes zu versuchen.

Arbeiten wir um zu leben oder Leben wir um zu arbeiten?

Zunächst fällt uns auf, dass Arbeiten und Leben gar keinen Widerspruch darstellen, der es erlaubt, diese doppelte Alternative zu befragen. Wer arbeitet, lebt schließlich und wer lebt kommt nicht umhin, zu arbeiten. Zumindest, wenn wir den Arbeitsbegriff etwas weiter fassen und auch unbezahlte Arbeit, wie Care-Arbeit, künstlerisches Schaffen oder einfach das Konsumieren von Leistungen anderer mit einbezieht.

Weil ich arbeite lebe ich.

Allein um zu überleben müssen wir jeden Tag Arbeit aufwenden, um die Dinge des täglichen Bedarfs zu bekommen. Entweder als Selbstversorger oder als erwerbstätiger Konsument. Wir müssen Arbeit aufwenden, um die Natur zu verändern, damit wir Nahrung haben, eine Wohnung, damit wir uns bewegen können von einem Ort zum anderen. Ein ganzes Universum von Kulturgütern erschafft unser Leben, wie wir es kennen.

Leben ist mehr als Arbeit.

Wir sind uns einig, dass es zumindest in unserer Kultur auch Zeiten ohne Arbeit gibt. Wir nennen es Freizeit. Das scheint das Reich der Freiheit zu sein, wir machen schließlich, was wir wollen. Manche behaupten den Sinne des Lebens hier. Fern von Nutzen und Mehrwert-Ökonomie. Manche finden den Sinn ihres Daseins in ihrer Arbeit.

Arbeit bedeutet Geld, Identität, Anerkennung, Zugehörigkeit.

Wir finden, dass wir aus vielerlei Gründen nicht auf Arbeit verzichten wollen. Wir wünschen uns Dinge, die mit Geld zu bezahlen sind. Wir stellen uns nicht selten mit unserem Beruf bei anderen Menschen vor („Was machst du so?“). Wir bekommen Anerkennung für unsere Leistungen. Wir sind Teil einer durch Arbeit verbundenen Gesellschaft.

Worauf dürfen wir hoffen?

Kein Ausweg also? Vielleicht haben wir die Wahl: ein Wenig arbeiten wir um zu leben, erwerben die Freiheit der Entscheidung weiter zu arbeiten oder eben nicht. Eine Pause vielleicht. In der wir einfach nur so leben.

Was brauchen wir für ein gutes Zusammenleben?

Wir stellen uns der klassischen Frage und suchen nach Beispielen für ein gutes Zusammenleben. Da schenkt mir zum Beispiel ein Nachbar ein freundliches Wort im Treppenhaus. Da gebe ich jemandem in der Warteschlage meine Kinokarte, weil ich den Film schon gesehen habe und der Film nun bereits ausverkauft ist.

Wir können die Frage auch so stellen: Was brauche ich von anderen und was brauchen andere von mir?

Da scheint es sehr viel zu geben, dass ich von anderen brauche. Ich möchte akzeptiert werden, wie ich bin. Ich wünsche mir, dass die anderen zu mir ehrlich sind und mich für glaubwürdig halten. Meine Meinung soll gehört werden. Ich möchte in meinen Bedürfnissen gesehen werden und anerkannt.

Und auf der anderen Seite begegnen mir viele Erwartungen. Ich soll meine Aufgaben verlässlich ausführen und mich für andere erwartbar verhalten. Ich soll meine Rollen in der Gesellschaft oder in der Familie gut ausfüllen und einhalten. Vor allem soll ich keinen Streit anfangen.

Die wechselseitigen Erwartungen scheinen sehr hoch zu sein. Wie gehen wir damit um, wenn es nicht gelingt?

„Manchmal habe ich auch keine Lust mehr auf die anderen und schmeisse die Tür hinter mir zu!“ Richtig streiten und mal klar stellen, dass es gerade gar nicht für ein gutes Zusammen leben reicht, kann auch mal wichtig sein. Wir tun uns aber schwer damit.

Es sind zwei Meinungen dazu erkennbar: Einerseits werden Regeln und Sanktionen für das Zusammenleben gefordert. Es bleibt jedoch die wohl unlösbare Frage nach den allgemein verbindlichen Werten, welche die Regeln begründen und Sanktionen rechtfertigen. Andererseits wird der unbedingte Wunsch miteinander alles auszuhandeln gefordert, Neugier auf die Motive der anderen soll uns leiten, Argumente sollen solange ausgetauscht werden, bis wir im Konsens leben. Jedoch scheint der Prozess endlos und das Gespräch mit den vielen Milliarden Menschen zugleich unmöglich.

Vielleicht geht es im Rahmen eines sowohl-als-auch. Wenn ich mich und andere über meine Werte aufkläre, werde ich erkennbar in meinen Erwartungen und in meinem Verhalten. Ebenso ergeht es mir, wenn ich mich für die Werte der anderen interessiere. Vielleicht entstehen sogar gemeinsame Ziele?