Wieviel Verantwortung trage ich für die Gefühle anderer?

Diesmal diskutieren wir sehr kontrovers. Da ist einer, der erklärt, wir haben gar keine Verantwortung für die Gefühle anderer. Da sind aber auch einige, die betonen, dass ich mich sehr wohl verantwortlich zeigen sollte, wenn ich durch mein Handeln oder Sprechen Gefühle bei anderen auslöse.

Wieviel ich mich verantwortlich zeigen sollte wird unterschiedlich wahrgenommen.

Nein, ich habe überhaupt keine Verantwortung. Deine Gefühle zu regulieren und damit klar zu kommen, was andere über dich sagen oder denken mögen, ist deine Sache allein. Was andere dir gegenüber tun, wie sie sich verhalten ist unerheblich für deine Gefühle, denn du bewertest die Handlungen anderer selbst und erst dadurch entstehen in dir Gefühle.

Eine Position: Jeder ist der Autor seiner eigenen Gefühle. Gefühle entstehen erst aus der persönlichen Wahrnehmung und Bewertung heraus.

Doch, manchmal sollte ich Verantwortung übernehmen. Immer dann zum Beispiel, wenn ich Verantwortung trage für Menschen, die von mir abhängig sind, wie Kinder oder hilfsbedürftige Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Ich sollte stets bedenken und achtsam sein, was mein Handeln und Sprechen für diese Menschen bedeutet.

Eine andere Position: Gegenüber Menschen, die auf mich angewiesen sind trage ich sehr wohl Verantwortung für deren Gefühle.

Ein Kind anschreien, dass einen Fehler macht, bedeutet für dieses Kind einen Schmerz, löst Gefühle aus von Ohnmacht, Angst, Unsicherheit, Wertlosigkeit. Sollte ich mich nicht immer verantwortlich fühlen für diese Gefühle, die ich durch mein Handeln und Sprechen gegenüber Kindern auslöse? Welche Möglichkeiten der eigenen Regulation haben schließlich Kinder, insbesondere wenn sie noch sehr jung sind?

In Beziehungen zu Kindern scheint es so zu sein, dass ich eine Verantwortlichkeit für die Gefühle der Kinder trage.

Und dann gibt es auch noch die Frage nach der Reichweite der Verantwortlichkeit. Einige sind der Ansicht, dass ich zwar nicht verantwortlich sein kann für die Gefühle die ich in anderen auslöse. Jedoch sollte ich mich offen zeigen für einen Austausch und ein Gespräch darüber mit anderen. Verantwortlichkeit bedeutet in diesem Sinne eine stete Auseinandersetzung damit, welche Folgen mein Handeln und Sprechen für die Gefühle meiner Mitwelt haben.

Meine Verantwortlichkeit scheint sich zwar meist nicht auf die Gefühle anderer zu beziehen, sie bedeutet jedoch vielleicht, dass ich stets bereit bin, mich mit den Folgen meines Handelns für die Gefühle anderer auseinander zu setzen.

Auch wenn wir unterschiedliche Positionen behalten, so bleibt doch die Erfahrung, dass die meisten davon überzeugt sind, dass es gut ist, respektvoll und mit offenem Herzen auf die Gefühle anderer zu achten.

Was macht die Macht mit uns?

Zunächst fallen uns viele Beispiele dafür ein, wenn die Macht mit uns Negatives macht. Da wird eine WG von der Polizei durchsucht ohne Gerichtsbeschluss auf einen vagen Verdacht hin. Da kann ein Chef aufgrund seiner Position ungerechte oder auch unsinnige Entscheidungen durchsetzen. Ein anderer fühlt sich ohnmächtig gegenüber einem Hausbesitzer, der viel Geld und Beziehungen hat.

Die Macht kann unsere Grenzen überschreiten, für uns entscheiden und macht uns manchmal ohnmächtig.

Aber was ist, wenn wir selbst Macht haben? Zunächst halten wir uns alle für überhaupt nicht mächtig. Aber da sind einige, die Eltern sind. Diese Macht bedeutet Verantwortung für andere anzunehmen. Andere sind Vorgesetzte. Neben der Verantwortung für andere bedeutet dies auch Verantwortung für ein Unternehmen, ein Produkt, für die Kunden.

Die Macht macht uns verantwortlich, sie gut und angemessen einzusetzen.

Doch scheint uns Vieles daran nur allzu menschlich. Wir stöhnen und klagen unsere Machtlosigkeit an. Die mächtigen Anderen nutzen ihre Macht nicht angemessen. Wir erkennen unsere Freunde nicht mehr, mit denen wir uns einmal gleich fühlten, die nun heute mächtig sind.

Die Macht verändert uns, wir fühlen uns mächtig gut.

Manche vermuten den Menschen als ein Wesen, dass von sich aus nach Macht strebt. Um endlich nicht mehr anderen folgen zu müssen. Um endlich ganz frei von Zwang zu sein. Aber wir sind uns nicht einig. Manche meinen auch, wir könnten die Macht, sondern wir sie besitzen, auch einfach mit allen teilen. Dann sei keiner mehr mächtig und keiner mehr unterdrückt.

Eine Welt, in der keiner mehr Macht über niemanden hat, ist vielleicht eine Utopie.

Und dann sind wir selbst die Mächtigen und haben endlich Einfluss. Könnten wir in unserem Unternehmen für gerechte Arbeitsbedingungen sorgen? Wenn wir Eltern sind, könnten wir nicht frei und gewaltlos unsere Kinder erziehen? Wenn ich ein Haus besitze, könnte ich dann andere fair dort wohnen lassen?

Wir alle sind oft mächtiger als wir meinen.

Wenn wir uns darauf besinnen, welche Macht wir haben, jeden Tag unsere Beziehungen zu anderen zu gestalten, welche Welt könnte entstehen?