Was bringt uns in Verbindung miteinander?

Diesen Abend ist es nicht schwer, Beispiele zu finden und es steigt sich deutlich die große Kraft der sokratischen Haltung und Methode. Ausgehend von alltäglichen Beispielen gelangen wir Philosophierend zu allgemeinen philosophischen Aussagen. Vom „kürzesten Weg zwischen zwei Menschen“ – einem Lächeln – bis zur Frage der Existenz selbst reichen dabei die Argumente. Doch langsam der Reihe nach.

Wir beschreiben zunächst verschiedene Ebenen von Verbindung. Zum einen kann Verbindung entstehen, wenn wir uns schlichtweg begegnen. Mit einem Lächeln, mit einer Frage, mit einem Anliegen oder auch in einer Notlage. Dann kann Verbindung auch technisch erzeugt sein, über das Telefon, einen Videocall, Medien allgemein. Auch können viele Menschen über ein Thema verbunden sein, ohne sich individuell zu kennen, in einem Fußballstadion, einer politischen Initiative, einer Religion.

Verbindungen können in direkter Begegnung oder auch technisch oder durch ein gemeinsames Thema vermittelt entstehen.

Und hier entsteht auch bereits ein erster Dissens: sind dies alles bereits Verbindungen? Oder sollten wir unterscheiden zwischen Verbindungen und zum Beispiel Begegnungen oder Kontakten? Zumindest scheint es unterschiedliche Qualitäten von Verbindungen zu geben. Einige gehe ich freiwillig ein, andere nicht, wie zum Beispiel in der Familie. Auch kann sich die Verbindlichkeit der Verbindungen erheblich unterscheiden, zum Beispiel zwischen einer engen Freundschaft oder Partnerschaft und einem freundlichen Grüßen in der Nachbarschaft. Und da ist auch die Kollegin, die vielleicht gar nicht mit mir in Verbindung sein möchte.

Verbindungen können sich in ihrer Verbindlichkeit deutlich unterscheiden.

Überhaupt scheint der Wortstamm Verbindung/Verbindlichkeit bedeutsam zu sein. Ich gehe eine Verbindung ein und binde mich an eine andere Person. Dies ist sogar in existenzieller Hinsicht lebensnotwendig, zumindest zu Beginn des Lebens. Ohne Verbindung kein Überleben. Damit wird nun auch das Lösen einer Verbindung wichtig. Vielleicht möchte ich gar nicht in Verbindung sein oder zumindest nicht mehr oder nicht in der Qualität.

Was mich in Verbindung bringt, erzeugt zugleich etwas, das eine Verbindung lösen kann.

Und da ist schließlich auch die Zeit, in der Verbindungen geschlossen werden und wieder gelöst. Freundschaften, Liebesbeziehungen, Arbeitsverträge, Ausbildungsgänge, Schulzeiten … Ja, auch mein Leben kann ich betrachten als eine immer enger werdende Verbindung mit mir selbst, vielleicht dann und wann in einer Krise unterbrochen und schließlich im Tod aufgehoben. Denn um eine Verbindung zu erleben, braucht es den Abstand zwischen mir und den anderen, zwischen mir und mir selbst.

Was uns in Verbindung bringt, sollte zugleich uns auseinander halten.

Vielleicht ist dies ein Trost, wenn wir uns nicht genug verbunden fühlen.

Gibt es etwas Gutes am Scheitern?

Sogleich gibt es viele Beispiele für Gutes am Scheitern. Da ist eine, die berichtet, dass sie nach ihrer Trennung nun in einer guten Beziehung ist. Da ist ein anderer, der erzählt, dass er nach dem Rauswurf aus dem Unternehmen nun eine viel bessere Zeit beruflich hat mit mehr Anerkennung. Da ist eine andere, die erzählt, dass nur die unzähligen gescheiterten Versuche ihrer Kinder dazu geführt haben, dass sie schließlich Laufen gelernt haben. Da ist noch einer, der erklärt, erst nachdem eine Sache gescheitert ist, kann mensch sich für neue Möglichkeiten öffnen.

Ein Scheitern beendet eine Sache endgültig und neue Perspektiven werden möglich.

Doch wer bewertet denn, dass etwas gescheitert sei? Sind wir es selbst? Sind es andere, Eltern, Chefs, eine Kultur? Wenn wir selbst etwas als gescheitert betrachten, ergeht es uns manchmal besser, manchmal auch schlechter. Hätten wir es anders oder besser machen können? Es wird von vielen als hilfreich angesehen, die Verantwortung für ein Scheitern selbst zu tragen, jedoch auch bald wieder loslassen zu können. Wir fühlen uns anscheinend meist besser, wenn wir auf etwas hin streben, eben noch nicht gescheitert sind.

Können wir unser Scheitern loslassen wird ein Neuanfang möglich.

Doch es gibt auch andere Hinweise. Mancher mag so schlimm gescheitert zu sein, dass ein Neuanfang unmöglich scheint. Hierzu meinen einige, dass es gut sein kann, sein Scheitern rechtzeitig einzugestehen und nicht zu lange an unerreichbaren Zielen festzuhalten. Vielleicht beginnt also das Gute am Scheitern bereits vor dem Ende eines erstrebten Ziels.

Wir können Ziele rechtzeitig loslassen und ein gutes Scheitern ermöglichen.

Schließlich fallen uns auch noch weitere Aspekte des Scheiterns ein. Jedes Scheitern wird immer auch von starken Gefühlen begleitet. Negativ bewertete Gefühle wie Zweifel, Versagen, Schuld, Angst oder Wertlosigkeit. Dabei fällt uns auf, dass die schlechten Gefühle oft nicht mit den Sachverhalten überein stimmen. Vielleicht habe ich nur ein „gut“ in der Prüfung und fühle mich gescheitert, weil ein „sehr gut“ mein Ziel war. Wäre bei Ziel ein Abschluss, dann hätte ich Erfolg!

Ob ich Erfolg oder Scheitern erlebe, hängt auch von meinen Zielen ab.

Ich kann meine Ziele angemessen wählen und meine Gefühle achtsam regulieren. Dann werde ich wahrscheinlich seltener Scheitern. Doch vielleicht ist es auch manchmal besser, mit ganzem Gefühl und voller Absicht „unmögliche“ Ziele anzustreben. Menschlich sind beide Haltungen allemal.