Lassen wir künstliche Intelligenz für uns denken?

Das vorherrschende Beispiel ist ein Gefühl: die Sorge um unsere Freiheit. Selber denken bedeutet uns viel, wir bestimmen selbst unsere Ziele, unsere Werte, unsere nächsten Schritte. Ist dies durch künstliche Intelligenz in Gefahr?

Selbst zu denken bedeutet uns den Mut zur Freiheit.

Warum und wozu nutzen wir künstliche Intelligenz? Sie nimmt uns Arbeit ab. Schreibt deine Hausaufgaben. Fasst eure Sitzung zusammen in einem Wortprotokoll. Schreibt ihr Gutachten zur Hausarbeit eines Studenten. Dessen Hausarbeit hat eine KI geschrieben. Erstellt eine Mindmap zu meinen Gedanken. Spricht mit ihm, auch wenn sie nicht mehr mit ihm spricht. Kann uns demnächst pflegen, wenn es keiner mehr tun wird.

Künstliche Intelligenz als eine Applikation kann uns Arbeit abnehmen.

Hier bereits fragen wir uns nach den möglichen Folgen. Werden wir dümmer? Verlieren wir Kompetenzen? Vielleicht nicht, wenn wir die Ergebnisse der Arbeit künstlicher Intelligenz selbst werten und entscheiden, wieviel wir nutzen. Wir fragen uns auch, was wir unter „Denken“ verstehen und wodurch es sich von einer intelligenten Rechenleistung unterscheidet. Vielleicht dadurch.

Menschliches Denken ist vielleicht mit „Rechenleistung“ nicht hinreichend beschreibbar.

Sprechen wir von menschlichem Denken, so stellen wir es oft in Zusammenhang mit Bewusstsein. Ich weiß, dass ich denke. Dadurch unterscheide ich mich von mir. Weil ich mir selbst ein anderer bin, kann ich etwas tun, dass ich nicht denke. Kann ich etwas denken, dass ich nicht tun werde. Wir sind organische Körper. Und wir sind Denken und Vorstellung.

Unterbreche ich den Fluss des Denkens, ist der Mensch noch da.

Unser Denken scheint ein wundervoller Reflex unseres physischen Seins. Fähig zu Philosophie, Liebe und Spiritualität. Was sollte es Größeres geben?

Was kann KI? Wird sie uns evolutionär „überholen“? Den organischen Körper gänzlich verlassen, der doch nur hinderlich ist?

Am Ende mehr Fragen …

Was bringt uns in Verbindung miteinander?

Diesen Abend ist es nicht schwer, Beispiele zu finden und es steigt sich deutlich die große Kraft der sokratischen Haltung und Methode. Ausgehend von alltäglichen Beispielen gelangen wir Philosophierend zu allgemeinen philosophischen Aussagen. Vom „kürzesten Weg zwischen zwei Menschen“ – einem Lächeln – bis zur Frage der Existenz selbst reichen dabei die Argumente. Doch langsam der Reihe nach.

Wir beschreiben zunächst verschiedene Ebenen von Verbindung. Zum einen kann Verbindung entstehen, wenn wir uns schlichtweg begegnen. Mit einem Lächeln, mit einer Frage, mit einem Anliegen oder auch in einer Notlage. Dann kann Verbindung auch technisch erzeugt sein, über das Telefon, einen Videocall, Medien allgemein. Auch können viele Menschen über ein Thema verbunden sein, ohne sich individuell zu kennen, in einem Fußballstadion, einer politischen Initiative, einer Religion.

Verbindungen können in direkter Begegnung oder auch technisch oder durch ein gemeinsames Thema vermittelt entstehen.

Und hier entsteht auch bereits ein erster Dissens: sind dies alles bereits Verbindungen? Oder sollten wir unterscheiden zwischen Verbindungen und zum Beispiel Begegnungen oder Kontakten? Zumindest scheint es unterschiedliche Qualitäten von Verbindungen zu geben. Einige gehe ich freiwillig ein, andere nicht, wie zum Beispiel in der Familie. Auch kann sich die Verbindlichkeit der Verbindungen erheblich unterscheiden, zum Beispiel zwischen einer engen Freundschaft oder Partnerschaft und einem freundlichen Grüßen in der Nachbarschaft. Und da ist auch die Kollegin, die vielleicht gar nicht mit mir in Verbindung sein möchte.

Verbindungen können sich in ihrer Verbindlichkeit deutlich unterscheiden.

Überhaupt scheint der Wortstamm Verbindung/Verbindlichkeit bedeutsam zu sein. Ich gehe eine Verbindung ein und binde mich an eine andere Person. Dies ist sogar in existenzieller Hinsicht lebensnotwendig, zumindest zu Beginn des Lebens. Ohne Verbindung kein Überleben. Damit wird nun auch das Lösen einer Verbindung wichtig. Vielleicht möchte ich gar nicht in Verbindung sein oder zumindest nicht mehr oder nicht in der Qualität.

Was mich in Verbindung bringt, erzeugt zugleich etwas, das eine Verbindung lösen kann.

Und da ist schließlich auch die Zeit, in der Verbindungen geschlossen werden und wieder gelöst. Freundschaften, Liebesbeziehungen, Arbeitsverträge, Ausbildungsgänge, Schulzeiten … Ja, auch mein Leben kann ich betrachten als eine immer enger werdende Verbindung mit mir selbst, vielleicht dann und wann in einer Krise unterbrochen und schließlich im Tod aufgehoben. Denn um eine Verbindung zu erleben, braucht es den Abstand zwischen mir und den anderen, zwischen mir und mir selbst.

Was uns in Verbindung bringt, sollte zugleich uns auseinander halten.

Vielleicht ist dies ein Trost, wenn wir uns nicht genug verbunden fühlen.

Können wir nochmal ganz neu anfangen im Leben?

Der erste Gedanke ist schnell formuliert: „Nein!“ Denn schließlich nehmen wir uns doch immer mit, wohin wir auch gehen und welchen Namen wir uns auch geben in einer neuen Umgebung mit neuen Bezugspersonen vielleicht. Doch kennen wir auch den Wunsch danach, dass wir uns durch einen Neuanfang verändern.

Neu anfangen bedeutet häufig, dass wir uns verändern wollen.

Doch wieviel können wir uns verändern? Da ist einer, der entscheidet, in ein anderes Land zu gehen, der alle Zelte zu Hause abbricht, neue Wohnung, neue Arbeit, neue Freunde. Da ist eine andere, die mit alten Gewohnheiten bricht, Freundschaften beendet, die ihr nicht gut tun, neue Freundschaften beginnt, die ihr gut tun. So fühlt sich das Leben ganz neu an.

Sich zu ändern, braucht eine Entscheidung für etwas Neues.

Um Neues anzufangen braucht es Mut. So berichtet eine, dass sie bereits viele Jahre den Gedanken an einen Neuanfang hatte. Ihr jedoch der Mut bis vor kurzem gefehlt hat. Schließlich hat sie doch mutig ihre Idee mit einer Entscheidung umgesetzt. Auch gibt es den Hinweis, dass ich eine neue Arbeit meist erst dann finden kann, wenn ich die alte aufgebe, eine*n neue*n Partner*in am besten dann, wenn ich die alte beendet habe.

Ein Neuanfang braucht Mut und manchmal Zeit.

Neu anfangen kann ich übrigens im Außen oder auch in mir selbst. So berichtet die eine, dass sie am neuen Arbeitsplatz ganz neu sich empfunden hat. Ein anderer, dass er am selben Ort mit einer veränderten inneren Haltung ganz neue Erfahrungen machen durfte. Alles schien im Außen wie immer zu sein und doch war es ganz neu. Und dann wurde es auch außen ganz anders.

Es kann einen Neuanfang im Außen oder in mir selbst geben, oder beides zugleich.

Und schließlich kann es auch einen ganz neuen Neuanfang geben, den wir wieder rückgängig machen. Da wo einer dachte, dass er glücklich würde, war es nicht wie erwartet. Also zurück zum alten bekannten Leben. Die neue Arbeit war zwar im ersten Moment befreiend, dann kehrte sie zurück zum alten Job. Und trotzdem ist nun alles neu.

Ein äußerer Neuanfang kann einen inneren anstoßen.

Und so können wir schließlich immer und überall neu anfangen. Wir können uns entscheiden. Neues hinzu gewinnen. Fehler machen und umkehren. Wir fangen jedoch nicht neu an, um ein*e andere*r zu sein. Sondern vielleicht endlich wir selbst.

Wie lernen wir mit unseren Ängsten zu leben?

Wir suchen zunächst Beispiele, wie wir mit unseren Ängsten umgehen. Ich kann Vieles tun, um meine Angst nicht zu spüren. Alkohol trinken, Feiern, Tanzen, laut Singen, Drogen nehmen, Arbeiten, mit anderen sein, einfach mich ablenken oder meine Gefühle ganz wegschieben.

Oft versuchen wir unsere Ängste nicht zu spüren.

Nur ist das eine gute Strategie? Es gibt daran Zweifel. Vielleicht ist es so, dass weggeschobene Ängste sich in uns ansammeln? Nun, da gibt es die Erfahrung, sehr lange die Angst vor öffentlichem Reden weggeschoben zu haben, um schließlich in Panik zu geraten. Oder dass eine schlimme Erfahrung mit einem bestimmten Hund in der Kindheit zu einer allgemeinen Furcht vor Hunden geführt hat.

Möglicherweise werden unsere Ängste größer, wenn wir nicht mit ihnen umgehen lernen.

Doch welche Möglichkeiten haben wir dazu? Da erzählt eine, dass es hilfreich ist, sich den Grund für die Angst genauer anzuschauen. Oft merke ich dann, dass meine Angst nicht begründet ist. Ich kann dazu Statistiken lesen oder aus Erfahrung Wahrscheinlichkeiten erkennen. Und so manche Angst hat doch auch eine angemessene Funktion.

Grundsätzlich sind unsere Ängste Hinweise auf mögliche Gefahren.

In angemessener Form Angst vor den Gefahren im Straßenverkehr oder vor einem Sprung ins „kalte Wasser“ zu haben, kann uns schützen und sichern. Und wenn doch einmal eine „unangemessene“ Angst uns bedrängt? Dann mag es hilfreich sein, dass andere uns in unseren Gefühlen begleiten. Eine mitgeteilte und gehörte Angst scheint weniger bedrohlich.

Sind wir in Angst, suchen wir Sicherheit bei vertrauten Menschen.

Und schließlich können wir manchmal oder mit etwas Übung auch häufiger mit uns selbst vertraut sein. Und uns so selbst in unseren Ängsten begleiten und vielleicht sogar sichern. Auch in der vielleicht größten Angst, der vor dem Sterben und dem Tod. So könnte mensch zu sich sagen:

Bin ich mit mir selbst vertraut, kann ich mit meinen Ängsten vertraut sein.

Sollten wir besser den Verstand verlieren für das gute Leben?

Zugegeben: Ein wenig provokant soll diese Frage schon sein. Doch wir finden sogleich Anknüpfungspunkte und Beispiele. Was heißt hier „verlieren“? Geht es nur darum, dass wir durch eine Krankheit oder ein kritisches Lebensereignis nicht mehr unseren Verstand wie sonst nutzen können? In diesem Fall macht das „Sollten“ jedoch keine Sinn.

Eine Frage nach dem Sollen macht nur Sinn, wenn wir unseren Verstand uneingeschränkt nutzen können.

Möglicherweise ist dann „verlieren“ nicht das geeignete Wort. Eher: „abschalten“, wenn wir zum Beispiel Alkohol trinken oder Schokolade essen oder Drogen konsumieren. Oder auch „loslassen“, wie in der Meditation oder im Flow-Erleben beim Sport oder in der Kreativität. Hier kann mensch ohne Verstand – oder zumindest mit nur einem bestimmten Teil des Verstandes – besondere Erfahrungen machen.

Der Verstand kann für bestimmte Formen des Erlebens hinderlich sein.

So ist denn auch die Aufzählung von Beispielen, was wir denn ohne den Verstand – oder mit ausgeschaltetem Verstand – erst so richtig vermögen, recht lang: Lieben zum Beispiel in jeglicher Form, glücklich sein sicher auch in einem tieferen emotionalen Sinn, ein Bild malen, Freundschaften schließen und verlieren, Sexualität mit Sicherheit geht am Besten ohne Verstand.

Vieles im Leben gelingt uns erst so richtig gut, wenn wir den Verstand zumindest begrenzen.

Sollten wir also den Verstand gleich ganz verlieren? Nein ist die häufigste Antwort, denn den Verstand auf eine gute Art zu gebrauchen, ist hilfreich auch dabei, ihn zeitweise zu verlieren. Gut vorbereitet gelingt die romantische Verabredung. Farben und Leinwand braucht es für ein Bild. Meditation kann gelehrt werden. Auch Geld ist hilfreich für einen Ausflug ins Ungewisse.

Und mit Verstand können wir gut vorbereitet den Verstand loslassen.

Wir wissen um die Rückwege. Wir können zurück kehren zum Alltäglichen. Funktionieren ist kein Makel. Dafür haben wir unseren Verstand.

Nur der Buddha bleibt schließlich im vollendeten Loslassen.

Wie werde ich Autor meines eigenen Lebens?

Die Titelfrage löst zunächst Verwunderung aus. Wer wenn nicht ich sollte denn Autor meines Lebens sein? Schließlich lebe ich mein Leben doch immer selbst, niemand anders bewegt meine Füße, erzeugt in mir Gedanken, macht meine Gefühle und motiviert mich zu Zielen. Doch schnell kommen auch Zweifel daran. Wie ist es mit dem zeitweisen Gefühl, so gar nicht das eigene Leben zu Leben, sondern nur die Erwartungen anderer?

Vieles scheint mich davon abzuhalten, wirklich mein eigenes Leben zu leben

Da ist zum Beispiel der Arztsohn, der auch Medizin studiert und Arzt wird, um später die Praxis zu übernehmen. Der jedoch leider sehr unglücklich ist damit. Da ist die junge Mutter geliebter Kinder, die nun viele eigene Wünsche zurück stellen oder gar verabschieden muss. Da sind zwei Menschen in Partnerschaft, die sich jeweils für sich fragen, ob ihre Bedürfnisse und Wünsche angemessen Berücksichtigung in der Beziehung finden.

Manchmal konkurrieren unsere Bedürfnisse auch miteinander und wir können nicht gleichzeitig alles realisieren

Hier gibt es die Meinung, dass wir dennoch Autoren unseres Lebens bleiben, weil wir uns schließlich entscheiden oder durch Nicht-Entscheiden entscheiden. Unser eigenes Leben zu leben enthebt uns nicht von den Bedingungen des Lebens und der Welt. Manches bleibt unerfüllbar. Vielleicht liegt die Kunst, sein eigenes Leben zu führen, gerade darin, Unveränderteres und Unkontrollierbares zu akzeptieren und für sich den besten Lebensweg daraus zu wählen.

Autorenschaft enthebt uns nicht von den Bedingungen des Lebens und der Welt

Wir können dies oder das Bestehende in der Welt als einen Rahmen und als Orientierung in der Welt sogar gut gebrauchen. Wie „Buchdeckel“, die unsere Geschichte enthalten. Es scheint ohnehin eher auf eine Angemessenheit der eigenen Autorenschaft anzukommen. Hier mag sich Mensch selbst wählen, ob das eigene Leben auf dem Ozean frei im eigenen Boot Wirklichkeit wird oder gut gerahmt in gesellschaftlichen Konventionen.

Autorenschaft scheint in einem gewissen selbst gewählten und angemessenen Freiheitsgrad zu bestehen

Wie werde ich also Autor meines eigenen Lebens? Vielleicht indem ich mir meiner Freiheit ebenso wie meiner Begrenztheit bewusst werde und angemessen selbst wähle. Der Text meines Lebens bestünde dann in dieser Wahl, die möglicherweise lebenslang immer wieder getroffen werden kann.

Können wir alles erreichen was wir wollen?

Zunächst setzen wir uns mit dem „alles“ in der Frage auseinander. Ist es nicht so, dass solche Aussagen mit „immer“, „nie“ oder eben „alles“ meist nicht zutreffen können? So ändert sich die Frage gleich zu Beginn des Gesprächs in: „Wann können wir erreichen, was wir wollen?“ Es gibt danach Beiträge, die darauf hinweisen, dass wir etwas erreichen können, eben weil wir es so stark wollen.

Können wir etwas erreichen, gerade weil wir es so stark wollen?

Natürlich gibt es zum Beispiel die Verliebtheit. Da erreicht einer einen geliebten Menschen, eben weil er so sehr liebt und alles versucht, sie von sich zu überzeugen. Eine andere erlernt ein Instrument so perfekt zu spielen, eben weil sie es sich so sehr wünscht und sie jede freie Minute übt.

Ein starker Wille kann uns motivieren, etwas zu erreichen, indem wir es immer wieder anstreben.

Doch es gibt auch Einwände. Da ist es in einem Fall nicht ein Wollen, sondern eine schlichte Entlassung, die dazu führt, endlich eine lange ersehnte selbständige Tätigkeit zu beginnen. Und da ist natürlich der Hinweis darauf, dass viele Menschen allein aufgrund ihrer Geburt nicht die Möglichkeiten haben, etwas zu erreichen.

Ein Wollen allein reicht nicht hin, etwas zu erreichen, manchmal ist es nicht einmal Voraussetzung dafür.

Und wie ist es mit den großen Themen? Mit der Bewältigung des Klimawandels, einer friedlichen Weltpolitik, der Verwirklichung einer freien und gleichen Gesellschaft? Viele von uns sind sicher, dass ein Wollen von Vielen einen gesellschaftlichen Wandel bewirken kann. Doch wie steht das Wollen von einzelnen in Beziehung zu einem gesellschaftlichen Willen?

Denken wir an ein Wollen von Vielen, so erscheint das Erreichen von Zielen als eine ganz andere Frage.

Es scheint nicht einfach die Summe einzelnen Wollens zu sein, was schließlich als Gesellschaft erreicht wird. Wenn alle den Müll trennen ist der Klimawandel noch nicht aufgehalten, oder doch? Und es wird oft als frustrierend erfahren, dass die eigenen Überzeugungen sich politisch nicht durchsetzen. Oder andere politische Überzeugungen irgendwie dann doch.

Wir scheinen gesellschaftlich weniger erreichen zu können, was wir wollen, als individuell.

Es scheint für uns gefühlt einfacher zu sein, persönliche Ziele zu erreichen, die wir wirklich wollen. Das mag daran liegen, dass wir mehr Einfluss auf unsere persönlichen Ziele haben.

Vielleicht ist es gut, wenn wir uns immer mal wieder mit persönlichen Zielen in unserem Wollen erleben.

Warum nur bist du so verführerisch für mich?

Zunächst fallen uns einige Beispiele ein. Da ist die italienische Handtasche, die uns zum Kauf verführt. Da ist die Idee eines Freundes, die mich verführt, mein bisheriges Vorhaben aufzugeben. Da ist ein wundervoller Mann oder eine wundervolle Frau, die mich verführt, an diesem Abend meine moralischen Vorbehalte auszusetzen.

Eine Verführung bringt mich dazu, etwas zu tun, dass ich sonst nicht getan hätte.

Und ist dies verwerflich? Wir sind unentschieden. Manchmal werfen wir wichtige Werte über Bord und bereuen es danach. Wir betrügen unsere Partner, essen das Falsche, kaufen zu viel und Unnötiges. Und manchmal erleben wir als Verführte Aufregendes und Neues, das uns nachhaltig positiv verändert. Wir entdecken neue Landschaften, lernen fremde Menschen kennen, ändern unseren Blick auf die Welt.

Sich verführen zu lassen kann mir Gutes einbringen oder auch nicht.

Es scheint nicht nur das Verführende oder der oder die Verführer*in aktiv beteiligt. Auch der oder die Verführte ist mit seiner Entscheidung beteiligt. Lasse ich mich verführen? Vielleicht sogar gerne? Manchmal tut es gut, die Kontrolle aufzugeben, die Verantwortung abzugeben. „Ich bin es nicht gewesen!“ – „Die Verführung war zu stark!“

Lasse ich mich verführen, so gebe ich zumindest scheinbar meine Verantwortung ab.

Vielleicht bist du so verführerisch für mich, weil du mir die Last der Verantwortung für das, was geschieht nimmst. Und auch wenn ich das nicht glaube, so ist es doch ein wunderbares Spiel. Als Verführte*r bin ich schuldlos von meinem Weg abgekommen. Als Verführende*r kann ich ohne Zwang mein Eigenes realisieren. Und auf der anderen Seite behalte ich mir als Verführte*r die Kontrolle meines Einverständnisses vor. Und als Verführende*r dieses Einvernehmen.

Die Verführung zeigt sich als ein Spiel mit unseren Verantwortlichkeiten.

Am Ende werden wir dann meist doch auf unsere Verantwortung zurück geworfen und zahlen den Preis. Doch nicht sofort. Wie gelingt dies? Eben weil Verführung ein Spiel ist. In den Andeutungen, im Halbdunkel, im Spiel mit meiner Lust, mit meinen Begehrlichkeiten. „Du kann alles haben!“ haucht die Verführung in mein Ohr. Und wenn ich auch weiß, dass es nicht stimmen kann, so wäre es doch wunderschön.

Die Verführung lebt im noch nicht Vollendeten. In der Vollendung ist sie tot.

Und genau das lieben wir. Davon leben wir. In der Möglichkeit ist alles möglich. Wer möchte schon wirklich alles Mögliche haben?

Brauchen wir andere Menschen zum glücklich sein?

Wir finden zunächst viele Beispiele dafür, dass wir andere Menschen brauchen, um glücklich zu sein. Da ist das Glück geliebt zu sein, wert geschätzt zu werden, anerkannt. Wie sollten wir es ohne andere Menschen erfahren können? Das Glück finden wir häufig in sozialen Beziehungen. Leider sind diese auch oft der Grund dafür unglücklich zu sein.

Wir können Glück erfahren im Kontakt mit anderen Menschen.

Und dann ist da auch die biographische Tatsache, dass wir alle zunächst auf andere Menschen angewiesen sind. Als Säuglinge und Kinder brauchen wir andere Menschen nicht nur um versorgt zu sein, wir erleben auch Glück und Unglück mit ihnen. So lernen wir, dass wir andere Menschen brauchen um glücklich zu sein. Wir nehmen es sozusagen mit der Muttermilch auf.

Biographisch sind wir alle zunächst angewiesen auf andere Menschen, um glücklich zu sein.

Doch muss das so bleiben? Stellt es nicht eine wesentliche Entwicklung von uns Menschen dar, dass wir uns von anderen Menschen unabhängig machen können? Viele berichten von der Erfahrung, dass sie mit sich allein ein besonderes tiefes Glücksgefühl empfinden können. Abseits der Geschäftigkeit von Beziehungen und in Stille.

Im späteren Leben können wir auch mit uns allein und in Stille Glück empfinden.

Nun unterscheiden einige Glück von Zufriedenheit, ein tiefes, jedoch eher nur kurz anhaltendes Gefühl von einem länger anhaltenden wahr genommenen Zustand im Alltag. Dem doch meist flüchtigen Gefühl wird von einigen auch nachgesagt, dass es nur selten absichtsvoll herbei geführt werden kann. Es passiert einfach, zufällig. Dies erleben wir manchmal allein und manchmal auch mit anderen.

Verstehen wir unter glücklich sein ein eher zufälliges Gefühl, so können andere Menschen beteiligt sein oder auch stören.

Nur: warum wissen wir überhaupt vom glücklich sein? Sind wir nicht alle darauf angewiesen, dies bereits mit anderen erfahren zu haben? Einige berichten davon, dass es Menschen, die in ihrer Biographie eher glückliche Beziehungen erlebt haben, leichter fällt, auch alleine Glück zu empfinden.

Möglicherweise sind Erfahrungen von Glück in Beziehungen die Grundlage für ein empfundenes Glücksgefühl.

Zusammengefasst scheint es eher so zu sein, dass andere Menschen zum glücklich sein hilfreich sein können und zumindest in der Kindheit gebraucht werden. Im späteren Leben können wir auch Erfahrungen machen von Glück, die unabhängig von Beziehungen zu anderen Menschen bestehen.

Wo lassen wir dem Leben freien Lauf?

Diesmal in der Sonderausgabe! in großer Runde. Die Teilnehmenden können nicht nur im Plenum miteinander ins Gespräch kommen, sondern auch nach der Pause an den Tischen gleichzeitig parallel. Die dadurch entstehenden vielfältigen Gesprächsfäden können hier nur in Auszügen nachvollzogen werden.

Zunächst einmal stellen wir fest, dass es Zeiten gibt im Alltag, die durch vielfältige Pflichten und „müssen“ bestimmt sind. Dies wird von den Meisten als unfrei wahrgenommen. Dagegen wünschen wir uns Zeit, die wir frei gestalten können. Zum Beispiel in unserer Freizeit, wo wir einem Hobby nachgehen. Hier haben wir meist den Eindruck, dass wir dem Leben freien Lauf lassen. Aber ist dem auch so?

Mit der Fragestellung stoßen wir auf die Widersprüchlichkeit der Freiheit selbst.

Auch wenn ich meine Zeit frei gestalte ohne äußere Zwänge, so lasse ich dem Leben selbst oft doch nicht seinen freien Lauf, eben weil ich gestalte. Hingegen kann ich an meinem Arbeitsplatz sehr wohl dem Leben freien Lauf lassen, wenn ich akzeptiere, dass ich keine Kontrolle über die Gestaltung der Zeit habe. Nehme ich gelassen hin, dass in dieser Zeit mein Chef oder ein bestimmter Arbeitsablauf mein Handeln bestimmt, vollziehe ich nach, wie mein Leben in diesem Moment gerade ist.

Unser Leben scheint weit mehr zu sein, als unser Wunsch nach freier Zeitgestaltung.

Wenn ich meine freie Zeit aktiv gestalte, ist noch gar nicht entschieden, ob ich dem Leben freien Lauf lasse. Immer wenn ich mich – meinetwegen frei – für etwas entscheide, habe ich ein Stück Freiheit meines Lebens eingeschränkt, eine Richtung eingeschlagen, andere Wege zurück gelassen. Wenn ich zum Yoga gehe, kann ich zu Hause nicht mit meiner Familie sein. Freiheit habe ich vor der Entscheidung, nachdem ich ausgewählt habe, sind meine Lebensmöglichkeiten dadurch bestimmt.

Dem Leben freien Lauf zu lassen führt uns zu einem inneren Konflikt.

Wie gelange ich zu einer freien Entscheidung? Und mit welcher Haltung begegne ich den gegebenen Möglichkeiten? Und ich kann mich nicht nicht entscheiden. Vielleicht also einmal nicht lange nachdenken, sondern den „Bauch“ entscheiden lassen? Was könnte das philosophisch bedeuten? So könnte ich mich bewusst dazu entscheiden, einen noch unbekannten Weg zu gehen. Hinein in ein noch Unbekanntes.

Im noch Unbekannten kann ich dem Leben mit Neugier begegnen.

Meine Denkgewohnheiten bieten mir Sicherheit. Ich kenne mich aus in meinem Beruf. Ich kenne die Menschen in meiner Familie. Meine Freunde können von mir erwarten, dass ich sie nicht enttäusche. Doch nur wenn ich diese Gewohnheiten verlasse, öffne ich mich dem Leben gegenüber.