Zugegeben: Ein wenig provokant soll diese Frage schon sein. Doch wir finden sogleich Anknüpfungspunkte und Beispiele. Was heißt hier „verlieren“? Geht es nur darum, dass wir durch eine Krankheit oder ein kritisches Lebensereignis nicht mehr unseren Verstand wie sonst nutzen können? In diesem Fall macht das „Sollten“ jedoch keine Sinn.
Eine Frage nach dem Sollen macht nur Sinn, wenn wir unseren Verstand uneingeschränkt nutzen können.
Möglicherweise ist dann „verlieren“ nicht das geeignete Wort. Eher: „abschalten“, wenn wir zum Beispiel Alkohol trinken oder Schokolade essen oder Drogen konsumieren. Oder auch „loslassen“, wie in der Meditation oder im Flow-Erleben beim Sport oder in der Kreativität. Hier kann mensch ohne Verstand – oder zumindest mit nur einem bestimmten Teil des Verstandes – besondere Erfahrungen machen.
Der Verstand kann für bestimmte Formen des Erlebens hinderlich sein.
So ist denn auch die Aufzählung von Beispielen, was wir denn ohne den Verstand – oder mit ausgeschaltetem Verstand – erst so richtig vermögen, recht lang: Lieben zum Beispiel in jeglicher Form, glücklich sein sicher auch in einem tieferen emotionalen Sinn, ein Bild malen, Freundschaften schließen und verlieren, Sexualität mit Sicherheit geht am Besten ohne Verstand.
Vieles im Leben gelingt uns erst so richtig gut, wenn wir den Verstand zumindest begrenzen.
Sollten wir also den Verstand gleich ganz verlieren? Nein ist die häufigste Antwort, denn den Verstand auf eine gute Art zu gebrauchen, ist hilfreich auch dabei, ihn zeitweise zu verlieren. Gut vorbereitet gelingt die romantische Verabredung. Farben und Leinwand braucht es für ein Bild. Meditation kann gelehrt werden. Auch Geld ist hilfreich für einen Ausflug ins Ungewisse.
Und mit Verstand können wir gut vorbereitet den Verstand loslassen.
Wir wissen um die Rückwege. Wir können zurück kehren zum Alltäglichen. Funktionieren ist kein Makel. Dafür haben wir unseren Verstand.
Nur der Buddha bleibt schließlich im vollendeten Loslassen.