Die Titelfrage löst zunächst Verwunderung aus. Wer wenn nicht ich sollte denn Autor meines Lebens sein? Schließlich lebe ich mein Leben doch immer selbst, niemand anders bewegt meine Füße, erzeugt in mir Gedanken, macht meine Gefühle und motiviert mich zu Zielen. Doch schnell kommen auch Zweifel daran. Wie ist es mit dem zeitweisen Gefühl, so gar nicht das eigene Leben zu Leben, sondern nur die Erwartungen anderer?
Vieles scheint mich davon abzuhalten, wirklich mein eigenes Leben zu leben
Da ist zum Beispiel der Arztsohn, der auch Medizin studiert und Arzt wird, um später die Praxis zu übernehmen. Der jedoch leider sehr unglücklich ist damit. Da ist die junge Mutter geliebter Kinder, die nun viele eigene Wünsche zurück stellen oder gar verabschieden muss. Da sind zwei Menschen in Partnerschaft, die sich jeweils für sich fragen, ob ihre Bedürfnisse und Wünsche angemessen Berücksichtigung in der Beziehung finden.
Manchmal konkurrieren unsere Bedürfnisse auch miteinander und wir können nicht gleichzeitig alles realisieren
Hier gibt es die Meinung, dass wir dennoch Autoren unseres Lebens bleiben, weil wir uns schließlich entscheiden oder durch Nicht-Entscheiden entscheiden. Unser eigenes Leben zu leben enthebt uns nicht von den Bedingungen des Lebens und der Welt. Manches bleibt unerfüllbar. Vielleicht liegt die Kunst, sein eigenes Leben zu führen, gerade darin, Unveränderteres und Unkontrollierbares zu akzeptieren und für sich den besten Lebensweg daraus zu wählen.
Autorenschaft enthebt uns nicht von den Bedingungen des Lebens und der Welt
Wir können dies oder das Bestehende in der Welt als einen Rahmen und als Orientierung in der Welt sogar gut gebrauchen. Wie „Buchdeckel“, die unsere Geschichte enthalten. Es scheint ohnehin eher auf eine Angemessenheit der eigenen Autorenschaft anzukommen. Hier mag sich Mensch selbst wählen, ob das eigene Leben auf dem Ozean frei im eigenen Boot Wirklichkeit wird oder gut gerahmt in gesellschaftlichen Konventionen.
Autorenschaft scheint in einem gewissen selbst gewählten und angemessenen Freiheitsgrad zu bestehen
Wie werde ich also Autor meines eigenen Lebens? Vielleicht indem ich mir meiner Freiheit ebenso wie meiner Begrenztheit bewusst werde und angemessen selbst wähle. Der Text meines Lebens bestünde dann in dieser Wahl, die möglicherweise lebenslang immer wieder getroffen werden kann.