Wieviel von mir sollst du sehen?

Manch eine Frage entwickelt ihr ganzes Potential erst im Gespräch. Und so sprechen wir zunächst einmal darüber, was es denn von uns zu sehen gibt. Da wird zum einen genannt unser Äußeres, unsere Kleidung, Schminke, Haare, Schmuck und nicht zuletzt unser Körper selbst. Aber dann auch im übertragenen Sinn was wir denken, fühlen, meinen, Überzeugungen, Ideale. Und nicht zuletzt auch unsere Rolle, Status, Stellung.

Von uns zu sehen kann es vieles geben: Äußeres, Inneres und in welcher Beziehung wir zu anderen stehen.

Doch dann wird es interessant: Bevor wir entscheiden, wieviel davon ein anderer Mensch sehen soll, bewerten wir zunächst, was wir sehen lassen wollen. Ist es angemessen? erwünscht? oder unmoralisch? gar verboten? Werden wir mutmasslich dafür gelobt, belohnt, positiv bewertet? Oder haben wir Sorge, wir werden abgewertet, abgelehnt, verurteilt, ausgeschlossen?

Was wir von uns sehen lassen, hängt auch davon ab, wie es von anderen Menschen bewertet wird.

So betrachtet, setzen wir unsere Selbstäußerungen zunächst in einen Werterahmen, manchmal mit Bedacht, oftmals sicher auch ganz unbewusst. Dabei scheint es ganz gleich, ob wir uns entscheiden, einem fremden Wert zu folgen und zum Beispiel etwas zu verbergen (du sollst es nicht sehen) oder ob wir bewusst eigenen Werten folgen und zum Beispiel etwas von uns zeigen (du sollst es sehen).

Was andere Menschen von uns sehen sollen, folgt unseren Wertüberzeugungen.

Da ist eine, die zeigt Privates nicht im Arbeitskontext. Denn manches kann der Karriere hinderlich sein. Da ist ein anderer, der erzählt, wie er sich besser fühlt, seitdem er auch bei der Arbeit sichtbarer sich zeigt. Und da ist eine, die genau unterscheidet, mit welchen Kolleg*innen sie Privates teilt und wo nicht. Und wieder einer erklärt, dass er zwar schauen kann, welche Infos er in soziale Netzwerke eingibt, jedoch nur zu einem gewissen Grad, wer diese sieht.

Wir gaben nur zu einem Teil Einfluss darauf, wieviel andere von uns sehen.

Wir sind eingebunden in Familien, Freundeskreise, Arbeitsstellen, Sozialräume, Mediennetze. Wir können uns dessen bewusst sein und entscheiden, wieviel wir von uns zeigen, uns damit in Beziehung setzen zu unseren Bedürfnissen und Wünschen, aber auch zu unseren jeweiligen Rollen und den Erwartungen anderer.

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