Es heißt: Die Gedanken sind frei. Dennoch nehmen wir wahr, dass wir eingebunden sind in Muster des Verstehens, des Beschreibens von Wirklichkeit, des Handelns. Wir sind auf andere Menschen angewiesen und richten unser Denken auf den Erhalt von Beziehungen und die Wahrung von Ressourcen.
Wir entwickeln als Menschen unser Denken parallel zu unseren Erfahrungen, die sich aus unseren Handlungen ergeben.
Ich kann mich vom Arbeitsleben als Angestellte befreien und mich selbständig machen. Doch erfahre ich bald, dass ich in meinem Handlungen nicht frei bin, sondern eingebunden in die Erwartungen meiner Kunden. Auch mein Denken zielt sehr bald darauf ab, die Kundenwünsche zu erfüllen, um in meiner selbständigen Tätigkeit erfolgreich zu sein.
Ich kann in der Liebe zwar darüber nachdenken, anstatt mit Anna mit Leonie zusammen zu sein. Aber wenn ich danach handeln will, treffe ich eine Entscheidung, die meine Freiheit für zukünftige Handlungen nicht vergrößert. Auch ist es weniger denkbar, nach meiner Entscheidung für Leonie erneut über eine Rückkehr zu Anna nachzudenken.
Vieles in meinem Denken scheint bereits in der Kindheit angelegt zu werden. Sitze ich bei meiner Mutter auf dem Sofa, werde ich vielleicht wieder zum Kind. Die Erwartungen anderer Menschen zu verändern, ist mir nur schwer möglich.
Ich scheine gefangen in den Denk- und Handlungsmustern meiner Biographie. Einer Biographie, die ich größtenteils nicht selbst geschrieben habe.
Und dennoch habe ich das sichere Gefühl, dass es einen Spalt gibt zwischen den vielen Bedingungen und Erfahrungen des Lebens, der meine Freiheit ausmacht. Ich kann mich eben doch, so oder so entscheiden. Ich kann darüber nachdenken. Ich kann mein Handeln nach meinen Überlegungen ausrichten. Nicht immer. Aber doch auch.
Ich kann mein Handeln nach meinen Werten beurteilen und meine Freiheit ausüben.
Dies zu tun, jeden Tag ein wenig, ist die Bedeutung von Philosophieren.